Uday Prakash: "Der goldene Gürtel"

Erzählungen


Der sechste Band der Reihe "Moderne indische Literatur" aus dem Draupadi Verlag enthält fünf Kurzgeschichten des bekannten indischen Autors Uday Prakash, darunter auch die namensgebende Geschichte "Der goldene Gürtel".

Die Erzählungen in dem nur 69 Seiten umfassenden Taschenbuch wurden nach zwei Aspekten ausgewählt: Delli dur hai (Delhi ist fern), wie der Übersetzer Lothar Lutze auch sein Nachwort beginnt. Alle Geschichten des Bandes spielen fernab der Großstadt und somit auch fernab der üblichen Abläufe und Gesetzmäßigkeiten.
Auf der anderen Seite steht die Institution der Familie in allen Geschichten im Mittelpunkt. Stets ist es ein Mitglied einer Familie, das die Geschichte erzählt, und stehen die Erzähler somit nicht allein.
Dass dies sehr unterschiedliche Formen annehmen kann, zeigt sich in der hervorragenden Auswahl an Geschichten ausgesprochen gut.

So berichtet "Der Nagelschneider" von dem Tod einer Mutter aus der Sicht ihres Sohnes, und auch in "Die Schachtel" ist es die kindliche Perspektive, aus der heraus erzählt wird und die hier auch im Mittelpunkt steht. "Die Schuld" zeichnet ebenfalls aus kindlicher Erinnerung ein Familienbild, hier ist es jedoch die Beziehung zwischen zwei Brüdern, die in das Zentrum der Geschichte rückt.

"Der goldene Gürtel" stellt von allen Geschichten die meisten Familienmitglieder vor. Auch wenn die Großmutter, die unter ihren Angehörigen leidet, der Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist und die Erzählung erneut aus kindlicher Perspektive erfolgt, so werden doch auch Vater, Mutter, Onkel und Tante detaillierter und in jedem Falle greifbar vorgestellt.

"Der Waran" schließlich, die abschließende Geschichte, wie alle vorherigen aus der Sicht eines Kindes berichtet, stellt einen Vater in den Mittelpunkt. Anders als bei den anderen Geschichten wird hier zudem ein weiteres Stilelement aufgegriffen, nämlich das Hörensagen, in dessen Art und Weise die gesamte Geschichte erzählt wird.

Die aufgenommenen Geschichten lösen allesamt eine mehr oder minder starke Melancholie aus und vermögen es, den Leser zu ergreifen. Hierbei steigern sich die Geschichten nahezu in der Reihenfolge ihres Auftritts, so dass "Der goldene Gürtel" sowie "Der Waran" schließlich auch Geschichten sind, die von menschlicher Grausamkeit, von Gier und fehlendem Mitgefühl berichten. Beide Geschichten sind sehr unterschiedlich, in ihrer Wirkung jedoch gleichermaßen den Leser betroffen machend und letztlich lang im Kopf des Lesers nachhallend.

Wer sich für indische Literatur interessiert, sollte an dieser Perle an Kurzgeschichten des bekannten Autors nicht vorbei gehen. Für wen indische Literatur bislang kein Begriff war, für den eignet sich das überschaubare Buch gut als Einstieg in diese Literatur. Uday Prakash bietet einen relativ typischen Einblick in diese Literaturgattung, auch wenn die hier gebotene Auswahl an Geschichten wie vorbeschrieben darüber hinaus einige Besonderheiten aufzuweisen hat.

(Tanja Elskamp; 06/2007)


Uday Prakash: "Der goldene Gürtel. Erzählungen"
Aus dem Hindi von Lothar Lutze.
Draupadi Verlag, 2007. 69 Seiten.
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