Gerhard Trumler: "Prag"

Golem, Kafka, Schwejk
Mit Texten von Gustav Meyrink, Franz Kafka und Jaroslav Ha
šek


Schon der Titel des zu besprechenden Bildbandes ist ungewöhnlich gewählt. Beim Golem handelt es sich um ein Fabelwesen, bei Kafka um einen Schriftsteller und bei Schwejk um eine literarische Figur.
Somit mag es eine besondere Herausforderung für den Fotografen gewesen sein, den Spuren dieser drei für Prag prägnanten Figuren zu folgen.

Was beim Betrachten der Bilder auffällt, sind die Zusammenhänge: Friedhöfe, kuriose Muster, verschwommene Aufnahmen, Fenstergucker, dunkle Gassen, jüdische Elemente, architektonische Eigenheiten. Dadurch mag die Stadt Prag in all ihren Schattierungen dargestellt sein.

Die individuellen Noten sind beim Golem durch Fotos gegeben, welche Formen und Abrisse der sagenumwobenen Gestalt andeuten.

Kafka ist ohnehin fast an jeder Ecke von Prag präsent. Es gibt Restaurants, Gassen, Plakate als kleine Äußerlichkeiten. Doch es ist in wesentlicher Linie die Seele Prags, wodurch Kafkas Konturen spürbar sind. Er geistert buchstäblich durch die kleinen Gässchen, und der geneigte Kafka-Liebhaber wird sich vor lauter Einsprengseln kafkaesker Symbolik kaum sattsehen können.

Wer sich mit Schwejk auseinandersetzt, ist in der Gegenwart angelangt. Bei den Hunden, den Pferden, den Frauen und den Bettlern. Während der Golem das mystische Element Prags hochhält und Kafka die Tiefgründigkeit einer verrätselten Stadt symbolisiert, ist der dem Idioten von Dostojewski nur bedingt ähnliche Schwejk ein möglicher Identifikationsfaktor des seiner Beschränktheit bewussten Menschen. Somit gibt es gleich drei Kontrapunkte, die sich gegenseitig spiegeln.

Die aussagekräftigen Fotos werden durch Texte von Meyrink, Kafka und Ha
šek ergänzt.

Als kleiner Kritikpunkt muss auf das Format der Fotos hingewiesen werden, das gerne eine Spur größer hätte ausfallen können. Das ändert aber nichts an der Wirkung, die diese Fotos auf den Betrachter ausüben mögen. Er kann sich ganz in eine Welt hineinversetzen, durch die eine Stadt in all ihren mystischen, tiefenschichtigen und gewöhnlichen Facetten zu glänzen vermag.

(Al Truis-Mus; 03/2007)


Gerhard Trumler: "Prag"
Brandstätter Verlag, 2007. 156 Seiten.
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