Gertrud Scherf: "Pflanzengeheimnisse aus alter Zeit"

Und als die sieben Jahr um waren,
sie meinte, ihr Liebchen käme bald,
sie ging wohl in den Garten
ihr feines Liebchen zu erwarten.
(Aus dem Lied "Liebesprobe")


Ein beschauliches Buch über Pflanzen und Gartengeheimnisse aus alter und neuer Zeit, das neben interessanten Details auch aufschlussreiche Fotos zu bieten hat.

Gärten haben seit Menschengedenken bezaubert und bieten Oasen der Ruhe, Erholung und Beschaulichkeit. Über den praktischen Nutzen hinaus sind sie Sinnbild für Wünsche und Sehnsüchte, dienen als Demonstration von Selbst- und Weltverständnis sowie als starkes Symbol. Das Paradies ist eng verbunden mit einem Garten, und die Vertreibung daraus gleichzusetzen mit Unbill und Gram. Gärten sind aber auch Ausdruck eines neuen und lustbetonten Lebensgefühls und dienten als Orte weltlicher Sinnenlust.
Im Altertum wurden die Hängenden Gärten, die der babylonische König Nebukadnezar II. für seine Gemahlin anlegen ließ, zu den sieben Weltwundern gezählt und dienten als Zeichen der Wertschätzung und Liebe. Barockgärten wurden nach einem strengen Schema gestaltet. Erst bei den Landschaftsgärten kam es zu einer Auflösung der strengen Form. Vielmehr ging man dazu über, das vorgefundene Gelände und die sich frei entfaltende Vegetation als bestimmendes Element zu nutzen. Mit der wachsenden Bevölkerung wurde ab dem Beginn der Neuzeit der Nutzgartenbau immer wichtiger.
Spannend liest sich die Geschichte der Klostermedizin und der Kräuterbücher der Renaissance. Aspekte der neuzeitlichen Nutzgärten beschäftigen sich mit Erwerbsgartenbau und Selbstversorgung und gewähren Fortbestehen oder Wiedererstehen der Klostermedizin. Verborgene Geheimnisse werden im Kapitel "Pflanzen aus alter Zeit" offen gelegt. Magische Kräfte der einzelnen Pflanzen und Hexenkräuter haben bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt. Wasch- und Färbepflanzen finden auch in der Neuzeit noch Verwendung.
Ausführliche Pflanzenporträts der wichtigsten Zier- und Nutzpflanzen runden das überlieferte Wissen aus Kloster-, Burg- und Bauerngärten ab und liefern wertvolle Informationen über Pflanzung, Standort, Pflege und symbolische Bedeutung einzelner Pflanzen.
So erfährt der Leser u.a., dass Rosmarin eine Pflanze des Todes ist und mit seinem starken und aromatischen Duft den Menschen übel gesonnene Geister abwehren kann. Dillduft soll Hexen und Dämonen unangenehm sein und diese in die Flucht schlagen. Die Wilde Malve wiederum wurde als Orakelpflanze verwendet und konnte Auskunft geben, ob eine Frau Kinder bekommen wird.

"Pflanzengeheimnisse aus alter Zeit" macht uns mit Gartenkultur vertraut, erzählt uns Geschichten von Heil- und Abwehrkräften der einzelnen Pflanzen und Obstsorten und deren magischen Kräften - ein insgesamt lehrreiches, entspannendes Buch. Es erinnert an die hierzulande weitgehend vergessene Verbundenheit zwischen Mensch und Natur. Der Leser wird motiviert mit offenen Augen die Welt zu betrachten, der Natur wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken und immer öfter auf deren Heilkraft für Körper, Geist und Seele zu vertrauen.

(Margarete; 06/2004)


Gertrud Scherf: "Pflanzengeheimnisse aus alter Zeit"
blv, 2004. 224 Seiten.
ISBN 3-405-16678-0.
ca. EUR 19,95. Buch bestellen

Ergänzende Buchempfehlung:

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Die magischen Zauberkräfte der Pflanzen sind seit Urzeiten bekannt, und genau darum geht es in "Zauberpflanzen - Hexenkräuter". Gertrud Scherf erläutert ausführlich die Kulturgeschichte der Pflanzen von der Antike bis zur Gegenwart und berichtet über Mythos, Magie und Brauchtum.
In über 60 Porträts stellt die Autorin die bekanntesten Wild- und Kulturpflanzen vor und beschreibt, wie sie wirken. Als Rauschmittel, Orakel und Glücksbringer haben heimische Kräuter einiges zu bieten. Glückspflanzen wie etwa Sonnentau, Frauenmantel und Schlüsselblume sollen Reichtum und Ansehen verschaffen; Mistel, Bärlauch oder Kümmel halten als echte Schutzkräuter Unglücke fern. Voraussetzung: Man stimmt den Pflanzengeist günstig. Der botanische Steckbrief listet typische Merkmale, Vorkommen und Verbreitung auf. Darüber hinaus informiert die Autorin über die Verwendung der Heilpflanzen in der Volksmedizin früherer Zeiten und in der modernen Homöopathie.
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