Franz C. Lipp, Elisabeth Längle, Gexi Tostmann,
Franz Hubmann (Hrsg.): "Tracht in Österreich"

Geschichte und Gegenwart
Vom Formenreichtum und von der Geschichte der Tracht: Bilderbogen eines Kulturguts


Tracht hat eine Jahrhunderte lange Tradition im Leben der Menschen. Früher zeigte sie woher man kam und welcher Berufsgruppe oder welchem Stand man angehörte. Heute hat sich die Funktion der Tracht zwar geändert, aber ihr Formenreichtum ist gleich geblieben.

Aufgrund der regionalen Gegebenheiten und des großen Einflusses der Gesellschaft kam es zur Bildung verschiedenster Eigentümlichkeiten. So ist es nicht verwunderlich, dass jedes österreichische Bundesland seine speziellen Besonderheiten im Trachtenstil besitzt. Davon erzählen die ersten neun Kapitel des Buches.
Weiters wird die Rolle des grau-grünen Weidmannskleides angesprochen und natürlich dürfen ein Beitrag zur Lederhose sowie Ausführungen zu Trachtenschmuck und Beiwerk in diesem umfassenden Werk nicht fehlen.
Besonders ansprechend finde ich das Kapitel über Hüte und Hauben der Frauentrachten, denn sie stellen eine ganz außergewöhnliche Form der Bekleidung dar. Am bekanntesten sind wohl die Kopfbedeckungen aus Goldgewebe, die so genannten Goldhauben, aber auch Pelzhauben, Wollhauben, Bänderhüte und Kopftücher haben ihren erfüllten Zweck.
Da Tracht und Brauchtum unweigerlich zusammengehören, ist auch diesem Thema ein Eintrag gewidmet.
"Haute Couture à l'autrichienne" lautet die Überschrift des Textbeitrags von Eva Bakos, und dieser hält was er verspricht. Er beschreibt den Einzug der Tracht in die exklusive Modewelt der feinen Gesellschaft des endenden 18. Jahrhunderts.
Auch außerhalb Österreichs, in Deutschland, Amerika und Australien vor allem aber in Paris wird das Dirndl salonfähig und zu einer eigenen Moderichtung. So soll beispielsweise Marie Antoinette, die Tochter Maria Theresias, eine der ersten Anhängerinnen des Österreich-Artikels gewesen sein. Dieser Beitrag beweist, dass Tracht zu Unrecht als typisch bäuerlich und bieder belächelt wird.

Außerdem werden Themengebiete wie die Trachtenindustrie, Tracht und Gesellschaft, Material und Auszier, Tracht und Werbung und Kindertrachten angesprochen. Hierbei handelt es sich aber nur um eine kleine Auswahl meinerseits aus einer Fülle von Inhalten.

Die äußerliche Komponente ist eher schlicht gehalten. Der farbige Schutzumschlag wirkt wenig ideenreich und wird dem Inhalt des Buches in keiner Weise gerecht. Die vorgefundene Wiesenidylle lässt eher einen Heimatroman im Stil von Hans Ernst vermuten als ein modernes, die Geschichte aufarbeitendes und die Gegenwart beschreibendes Werk.
Lässt sich der Leser vom Titelbild nicht abschrecken, so kann er vom Inhalt nur überaus positiv überrascht sein. Mit seinen knapp 280 Seiten zählt es zu den umfangreicheren Büchern dieser Art. Die 300 Farb- und Schwarzweißabbildungen sind auf 150 g schwerem glänzenden Kunstdruckpapier gedruckt. Viele der Fotografien wirken wie Bilder aus dem privaten Fotoalbum. Sie zeigen keine gekünstelten Posen sondern Menschen, die authentisch sind. Sehr eindrucksvoll sind die Gegenüberstellungen von Schwarzweißabbildungen von damals und Farbbildern von heute. Sie zeigen, wie eng Geschichte und Gegenwart miteinander in Verbindung stehen.
Dafür verantwortlich ist der bekannte Fotograf Franz Hubmann. Auch Gexi Tostmann, eine der Herausgeberinnen, ist keine Unbekannte. Als Besitzerin eines alteingeführten Trachtengeschäfts ist sie mit der Materie vollends vertraut und hat Bezug zur gegenwärtigen Trachtenmodeszene.

Insgesamt zeigt sich das Werk enorm informativ. Gerade weil dieses Buch eine sehr speziell interessierte Leserschaft anspricht und eine Nische am Buchmarkt besetzt, hat es seine Berechtigung.

(NiNanu; 01/2005)


Franz C. Lipp, Elisabeth Längle, Gexi Tostmann, Franz Hubmann (Hrsg.):
"Tracht in Österreich"
Mit Textbeiträgen von Eva Bakos, Franz Grieshofer, Edith Hörandner u.v.a.
Christian Brandstätter, 2004. 272 Seiten mit ca. 300 Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen.
ISBN 3-85498-347-6.
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