"Mord ohne Grenzen"
(Hörbuchrezension)
Internationale Krimis bereiten den Hörern wohlige Schauer, verwirrenden Nervenkitzel, aufregendes Grübeln und genussvolles Rätselraten. In der dritten Zusammenstellung von Hörspiel-Krimis aus dem Fundus des WDR geht es diesmal um das Thema "Mord ohne Grenzen" - internationale Verwicklungen, Tatort Europa ...
Sechs Kriminalhörspiele aus dem
Sendeprogramm des WDR. Dabei wurde auf der Hülle auf "unnötige Angaben", wie
Sprecher und Übersetzer verzichtet ...
"Das schauderregende Abenteuer
im Orient-Express" von Michael Koser
Auf einer Fahrt mit dem
Orient-Express durch Bulgarien ist ein dicker Kronprinz an Bord, dessen Gehilfe
bei einem unplanmäßigen Halt an einer defekten Brücke spurlos verschwindet.
Dafür taucht in der Damentoilette der ersten Klasse eine nackte männliche
Leiche, erhängt am Spülkasten, und niemand im Zug kennt die Identität des Toten.
Shylock Holmes bekommt von dem kleinen dicken Kronprinzen die vorläufige
Polizeigewalt über den Bezirk und beginnt - unterstützt durch seinen Gehilfen
Dr. Watts und einige haarsträubende Zufälle - seine Ermittlungen ...
Eine
liebenswerte Parodie sowohl auf die Werke von Sir Arthur Conan Doyle, als auch
auf Agatha
Christie.
"Der Würger von Canongate" von Angus
McAllister
Anlässlich des Großjährigwerdens erfuhr Edward Middleton, dass
er als Säugling adoptiert worden war. Dies war allerdings nie wirklich ein
Problem, und heute lebt er glücklich verheiratet mit seiner Familie in einem
schönen Haus. Doch eines Nachts hat er einen fürchterlichen Albtraum, in dessen
Verlauf er in den Körper eines wahnsinnigen Mörders schlüpft und eine junge Frau
in einer Seitengasse erwürgt. Als er am nächsten Tag auf dem Weg zur Arbeit an
ebendieser Seitengasse vorbei kommt, ist sein Entsetzen groß als er hört, dass
hier zur fraglichen Zeit tatsächlich eine junge Frau ermordet wurde. Hat er in
einer Art Trance den Mord begangen?
Diese Frage kann bald mit Nein
beantwortet werden, denn die nächste vergleichbare Vision hat er, als er mit
einigen Gästen und seiner Frau zu Tisch sitzt und damit einige Augenzeugen für
seinen Aufenthaltsort hat. Aber er scheint eine unheimliche seelische Verbindung
mit dem Geist eines Killers zu haben. Und die wird immer enger
...
"Vertuscht" von Rodney David Wingfield
Der Sohn eines
Großindustriellen in einem kleinen Ort wird entführt, und die chronisch
unterbesetzte Polizei bekommt Hilfe von auswärts um den Fall zu klären. Aber
nicht alle sind mit dieser Hilfe wirklich glücklich, denn der Neuankömmling ist
in Wirklichkeit ein alter Bekannter, der vor einigen Monaten versetzt wurde, da
er den Kollegen Bestechlichkeit und das Decken von Straftaten vorgeworfen hatte.
Und der dabei sehr laut wurde, weil eine der Straftaten die Tötung seiner
eigenen Tochter gewesen ist.
Nun soll er also in einem neuen Fall ermitteln,
doch dabei erhält er ausnehmend wenig Unterstützung, obwohl ihn auch diese
Entführung wieder in die Nähe des Todesortes seiner Tochter
bringt.
"Mord ist ein Kinderspiel" von Tauno Yliruusi
Einige
Kriminalbeamte treffen sich zu einem Wochenendseminar in einer Villa, die einem
vor einiger Zeit verschwundenen Kollegen gehörte, und die dessen Witwe der
Polizei als Schulungs- und Erholungsstätte überlassen hat. Geleitet wird die
Veranstaltung von dem sehr sarkastischen Kommissar Manki, der einige seiner
Schüler hier weiter ausbilden möchte.
Die Stimmung ist nicht besonders gut,
da Manki mit seinem aggressiven Humor die Menschen in seiner Umgebung immer
wieder emotional demontiert. Dann wird auch noch eine Leiche eines Kommissars
gefunden, die kurz darauf wieder verschwunden ist. Und es soll nicht bei dieser
einen Leiche bleiben!
Ähnlichkeiten mit dem Spielfilm "Eine Leiche zum
Dessert" sind sicherlich rein zufällig.
"Gastspiel in Venedig" von
Nikolai von Michalewsky
Ein erfolgloser, drittklassiger Schauspieler versucht mit Mühe und Not ein Engagement
in einer Shakespeare-Verfilmung zu bekommen, doch es wird bald deutlich, dass
ihn Regisseur und Produzent gleichermaßen nur als mögliche Notlösung eingeplant
haben, und seine damit verbundene Reise
nach
Venedig scheint deswegen rausgeschmissenes Geld gewesen zu sein. Während
der Feier, wo ihm dies klar wird, flirtet er auch kurz mit Vera Maybach, der
Tochter des Produzenten; doch dies ist mehr ein Reflex. Dieser soll aber Folgen
haben ... Vera ist nämlich sterbenskrank und ihr Vater möchte gerne, dass seine
Tochter glücklich stirbt, weswegen er den - dummerweise bereits verheirateten
- Schauspieler als Schwiegersohn engagiert. Dieser spielt, auf Drängen seiner
Frau, mit. Und von da an befindet sich der gute Mann zwischen zwei Frauen, von
denen sich die eine immer mehr wie Lady Macbeth aufführt.
Das Ganze wird den Hörern in Form einer Telefonbeichte präsentiert,
was eine ganz eigene Atmosphäre schafft.
"Alles hat ein Ende" von
Roderick Wilkinson
Der Kriminalreporter Garside befindet in den
schottischen Highlands auf Urlaub, als er auf einmal ein paar Polizisten sieht,
die eine Leiche aus einem Moorgebiet heraus in einen Wagen schaffen. Sein natur-
und berufsgegebenes neugieriges Nachfragen am nächsten Tag hat erst
verwirrte Reaktionen von Leuten, die nichts von einem Unfall oder Ähnlichem
wissen wollen, zur Folge. Schließlich aber tauchen die ersten beiden Informanten
auf; einer davon die charmante Bedienung in Garsides Hotel, und aus einem Reflex
heraus beginnt der Urlauber mit den Recherchen, die schließlich ihn selbst und
auch Andere in Gefahr bringen sollen. Es ist nun mal ungesund,
im
Urlaub zu arbeiten.
Alle hier vorgestellten Hörspiele sind von
interpretatorisch hoher Qualität, allerdings ist die Aussteuerung bei der
letzten CD etwas daneben gegangen, was den Hörgenuss, beispielsweise während
einer Autofahrt, trübt. Ansonsten sind diese Geschichten aber für jede
Urlaubsreise ein netter Zeitvertreib.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2004)
"Mord ohne Grenzen"
Randomhouse,
2003. Laufzeit: ca. 300 Minuten.
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Ergänzende
Hörbuchempfehlungen:
"WDR-Kriminalhörspiele
Prime Crime"
Das Repertoire der ersten
"Prime-Crime"-Zusammenstellung umfasst den Simenon-Klassiker "Der Mörder": die
Geschichte eines Mannes, der den Geliebten seiner Ehefrau ermordet und dann in
die Identität des Getöteten schlüpft. Als zweites Hörspiel folgt Jost Nickels
Geschichte "Die weiße Mücke", die sich um zwei Polizeibeamte in Sorge um ihren
beschaulichen Arbeitsplatz dreht. Ex-Ohnesorg-Theaterchef Konrad Hansen
inszenierte die Frankenstein-Geschichte "Frankies Braut".
Christoph Güskens
"Geisterfahrer" widmet sich dem Thema Erpressung und Karriere. "Das
Scherbengericht" von Stefan Richwien beginnt mit einer Rotweinflasche, die dem
Mordopfer über den Kopf geschlagen wird. "Kaltschnäuzig" lautet der Titel von
Horst Bibers bizarrem Mordkomplott um eine verschwundene Biologin.
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"WDR-Kriminalhörspiele Lady Prime
Crime"
Die Fortsetzung mit einem Sechserpack spannender Titel aus
der Feder bekannter Kriminalhörspiel-Autorinnen. Ein halbes Dutzend
abgeschlossene Geschichten im etablierten Stundenformat mit Namen wie Christine
Grän, Eva Maria Mudrich, Angelika Voigt oder Uta Maria Heim. Hörspiele dieser
und anderer Autorinnen stehen für beste Krimi-Unterhaltung. So wie in der
Kriminalliteratur, wo Elizabeth George, Martha Grimes, Minette Walters und Mo
Hayder das Genre entscheidend beeinflusst haben, gibt auch im Hörspiel die Riege
der Lady Crime Writers im wahrsten Sinne des Wortes "den Ton an".
(Randomhouse)
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