Bodil Mårtensson: "Mord als Alibi"


"Mord als Alibi" ist Bodil Mårtenssons sechster Roman mit dem Polizeikommissar Joakim Hill aus Helsingsborg und seiner Frau Catharina, einer Ärztin, die er im zweiten Band "Die zärtliche Zeugin" kennen- und lieben lernte. Der strenge Winter 2006 ist vorbei, das Frühjahr bricht sich Bahn. Die Helsingborger Polizei ist in ein nagelneues Gebäude umgezogen, und nicht nur Joakim Hill trauert dem alten Präsidium nach, das ihm ein Arbeitszimmer bot mit freiem und nicht selten auch beruhigendem Blick auf den Sund. Oft hatte Hill, diesen traumhaften Blick genießend, die einzelnen Puzzleteile eines Falles zusammensetzen und den Fall lösen können.

In seinem Privatleben hat sich nicht viel verändert. Manches Mal denkt er noch daran, wie er sich als alleinstehender Kommissar abends bei einem edlen Maltwhiskey seine Jazzplatten reingezogen hat. Aber er ist mit seinem Familienleben und auch mit seinem Beruf zufrieden. Sein Feind ist die Kriminalität, wie seine Schöpferin Bodil Mårtensson nicht zu betonen müde wird, eine Kriminalität, die sich durch die Öffnung Europas nach Osten und die Flüchtlinge aus dem Süden immer mehr ausbreitet. Hier bedient Mårtensson des in den letzten Jahren in Schweden wachsenden Trends, den u. a auch der "Kriminalitätspapst" Leif GW Persson mit einer wöchentlichen TV-Sendung à la "Aktenzeichen XY- ungelöst" kräftig befördert.

Hill ist sehr überrascht, als seine Frau ihm zur Belebung des Ehelebens vorschlägt, ein DVD-Gerät sowie einen neuen Fernsehapparat ins eheliche Schlafzimmer zu stellen, um sich dort mit entsprechenden Sexfilmen den nötigen Appetit und die Fantasie für die eigene Praxis zu holen. Unter uns gesagt: Der Rezensent war über diese Variante Bodil Mårtenssons nicht minder erstaunt. Sie ist völlig unnötig, passt überhaupt nicht zum bisherigen Profil dieses Paars aus den letzten Büchern. Welcher niedere Publikumsgeschmack soll hier wohl bedient und welche inhaltlichen und stilistischen Schwächen übertüncht werden?
Denn Mårtenssons Sprachstil hat schwer gelitten seit dem letzten Buch. Immer wieder zieht sie platte sprachliche Vergleiche, die durch eine oft holprige Übersetzung nicht besser werden.

Wäre der eigentliche Fall, den Hill zu lösen hat, nicht von einiger Spannung, man legte das Buch verärgert schon bald wieder zur Seite.
In einem Hotel wird eine Frau, Journalistin von Beruf, tot aufgefunden. Ihr Ehemann, mit dem sie in Scheidung lebte, erklärt sich schuldig und wird für die Tat verurteilt. Doch Joakim Hill zweifelt von Anfang an an der Tatdarstellung von Tom Skare. Als einige Monate später eine Kollegin des ersten Opfers im selben Zimmer des Hotels ermordet aufgefunden wird, rollt Hill den ganzen Fall noch einmal auf - mit überraschenden und politisch brisanten Ergebnissen ...

(Winfried Stanzick; 05/2007)


Bodil Mårtensson: "Mord als Alibi"
(Originaltitel "Nattportierns historia")
Aus dem Schwedischen von Nike Karen Müller.
btb, 2007. 348 Seiten.
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