Knut Lindh: "Wikinger. Die Entdecker Amerikas"

"Denn Wissen lässt den Mann weise werden, wie immer er später auch leben mag, sei er nun König, Bauer oder Kaufmann" aus dem Königsspiegel


Die Helden dieses Buches sind Eirik der Rote, dessen Entdeckung Grönlands von der Notwendigkeit geprägt war, sein Heimatland zu verlassen und für sich und seine Leute eine Lebensgrundlage zu finden, und seine Kinder, vor allem sein Sohn Leif Eirikssohn, der Amerika lange vor Kolumbus betreten hat.
Ohne großartige Hilfsmittel macht sich Leif Eirikssohn mit seinen Männern auf den Weg um fruchtbares Land für ein besseres Leben zu suchen, und es gelingt ihm tatsächlich fündig zu werden. Voller Begeisterung betreten die Männer das Land, von dem sie in Grönland immer geträumt haben, ein Land voller saftiger Weideflächen, endloser Wälder und Unmengen an verschiedenen Tierarten. Sie errichten Behausungen, überwintern dort und kommen zu dem Entschluss, dass ein Leben hier weitaus bequemer wäre als in der Heimat. Leif Eirikssohn beschließt die frohe Botschaft nach Grönland zu bringen und nennt sein Land Vinland, das gute Land. Doch nach dem Tod seines Vaters bleibt er in Grönland. Seine Geschwister versuchen ihr Glück bei verschiedenen Reisen nach Vinland, wobei einer seiner Brüder von dem dort wohnhaften Volk, welches von den Wikingern Skrälinger (Schwächlinge) genannt wird, getötet wird.

Auch die Schwester Leif Eirikssohns, Freydis, versucht gemeinsam mit ihrem Gatten ihr Glück in Vinland, und ihre Brutalität und Raffgier bei diesem Unternehmen sind erschütternd.

Die Geschichten resultieren einerseits aus der Grönlandsaga, die als die Zuverlässigere bezeichnet wird und andererseits aus der Saga Eiriks des Roten. Die Unterschiede, die diese beiden Geschichten aufweisen, mögen daher rühren, dass sowohl die Grönländer wie auch die Isländer die Ehre für die sagenumwobene Erforschung Vinlands für sich beanspruchen wollten.

Das Reizvolle an diesem Buch sind die packende Beschreibung des Lebens der Wikinger, der abenteuerlichen Reisen, die geprägt waren von der Suche nach neuen bzw. besseren Lebensumständen und den Einblendungen auf die unterschiedlichsten Ausgrabungen und daraus folgenden wissenschaftlichen Studien, die vieles an diesen Sagen untermauern. Faszinierend auch das Selbstbewusstsein, mit dem die Wikinger an ihre Unternehmen herangegangen sind, und die Überheblichkeit, die im neuentdeckten Land Lebenden als Schwächlinge zu bezeichnen. Aus heutiger Sicht, ist es eine Tatsache, dass die Einwohner, auf welche die Wikinger trafen, über eine hoch entwickelte Kultur verfügten, in Dörfern lebten und ein ausgeklügeltes System für den Landbau entwickelt hatten. Ob das Buch eines der größten Rätsel der nordischen Geschichte, nämlich die Frage, was mit den nordischen Siedlern auf Grönland passiert ist, lösen kann, möchte ich keinesfalls vorwegnehmen.

Knut Lindh ist es mit diesem Buch gelungen, auf fesselnde Art das Bild der alten Welt vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen, die Gefahren, die mit derartigen Reisen verbunden waren, zu vermitteln und die Abenteuerlust und das Können, aber auch den Familiensinn dieser Seefahrer zu beschreiben. Ein lesenswertes Buch, welches die Entdeckung Amerikas in neuem Licht erscheinen lässt und der Mär von Kolumbus ein Ende bereitet.

Knut Lindh wurde 1951 in Oslo geboren und arbeitet als Journalist und Übersetzer. Er ist Redakteur der norwegischen Ausgabe des "National Geographic" und Autor mehrerer Sachbücher und Romane.

(margarete; 08/2002)


Knut Lindh: "Wikinger. Die Entdecker Amerikas"
Piper, 2002. 224 Seiten.
ISBN 3-492-04369-0.
ca. EUR 18,90. Buch bestellen