Katja Kullmann: "Generation Ally

Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein"


"Ich hasse Ally McBeal" lässt die junge Autorin Katja Kullmann verlauten und erbarmt sich jener Gruppe der vornehmlich 37 bis 27jährigen Frauen, die sich mit der neurotischen Titelheldin aus der gleichnamigen US-Serie identifizieren sollen und können. Ally ist eine gut ausgebildete, beruflich erfolgreiche Mittelklassefrau, die auf der Suche nach dem Mann fürs Leben ist, und dabei tollpatschig, mitunter frustriert und ängstlich und dann auch wieder siegessicher durchs Leben hopst. Sie ist um die 30 und glaubt permanent, an einem wichtigen Scheideweg ihres Lebens zu stehen. Sie ist perfektionistisch und mimt eine emanzipierte Frau, der aber unverhohlen die Sehnsucht auf ein traditionell-konservatives Ehe- und Familienleben aus den Unschuldsaugen leuchtet.

Ally wähnt sich unter Zugzwang. Sie will Karriere, Mann und Kinder, fürchtet aber, nicht alles haben zu können. Ally ist sehr mit ihren Nöten beschäftigt und deshalb oft ratlos. Viele ihre AltersgenossInnen sind es auch. Sie haben Orientierungsschwierigkeiten, wollen ihr Leben eigenständig gestalten und wissen nicht wirklich wie. Neue Lebensbereiche in der Berufswelt werden erobert, aber alte im privaten Bereich nicht abgegeben. Die Superfrauen können alles, fühlen sich für Beziehungsarbeit, Nachwuchsproduktion und -aufzucht und letztlich für den eigenen Lebensunterhalt allein verantwortlich. Scheinbar haben sie den Feminismus mit ihrem ersten Atemzug inhaliert, trotzdem vermag Kinderlosigkeit ihr Selbstbild als Frau zu erschüttern.

Leider ist jene Gruppe, die von der Autorin als Generation Ally bezeichnet wird, leicht irritierbar. Sie gilt als politisch uninteressiert, konsumgeil, eventsüchtig und ehrgeizig. Diese Frauen glauben zu wissen, was sie wollen. Nur die Wege zum Ziel sind nicht immer klar. Kullmann sucht auf spritzige Art nach Auswegen für die Frauen im sogenannten besten Alter. Sie weiß, dass Serien wie Ally McBeal den Zeitgeist treffen, will sich aber mit diesem Phänomen nicht abfinden. Vielleicht sieht die Autorin eine bestimmte Altersgruppe von Frauen gar zu homogen und ist mitunter zu pessimistisch, wenn sie etwa befürchtet, dass Frauen in nicht allzu ferner Zukunft gezwungen sein könnten, ihre Gebärkompetenz vollständig an embryozüchtende WissenschafterInnen abzugeben. Ansonsten eine flotte, witzige Abhandlung in Bestsellermanier!

(ama;08/02)


Katja Kullmann: "Generation Ally Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein"
Eichborn Verlag Frankfurt am Main 2002
217 Seiten
ca. EUR 14,90. Buch bestellen