"Die Weisheit des Konfuzius"


Meister Kung fu-tse, oder in seiner bekannteren latinisierten Form Konfuzius, welcher von 551 bis 478 v. Chr. lebte, war von allen Weisen der chinesischen Geistesgeschichte ohne Zweifel derjenige, der das Land am nachhaltigsten beeinflusst und geprägt hat, der nicht zuletzt großen Anteil daran hatte, dass sich das zu seiner Zeit noch recht kleine China ausdehnte, einte und in seiner Einheit eine Stabilität entwickelte, die es über die Jahrtausende bis zum heutigen Tag zu einer großen politischen, kulturellen und natürlich auch wirtschaftlichen Macht werden ließ.

Das vorliegende Büchlein bietet eine gute erste Einführung in konfuzianische Geisteswelt; es gibt übersichtlich nach Themenbereichen geordnet einige wohlausgewählte Aussprüche des Konfuzius wieder, welche zum größten Teil aus dem "Lun-yü", den "Gesprächen", stammen. Bei dem "Lun-yü" handelt es sich um eines der wichtigsten konfuzianischen Bücher, eine Sammlung von Aussprüchen des Konfuzius und Gesprächen zwischen ihm und seinen zahlreichen Schülern oder auch an Diskussionen mit ihm interessierten Würdenträgern. Eine besondere Qualität des "Lun-yü" obwohl auch erst Jahrhunderte nach seinem Tod zusammengestellt, ist es, noch ein recht authentisches Bild des Meisters zu vermitteln, denn gerade in seinen flexiblen und originellen Stellungnahmen zu den Fragen und Problemen seiner Schüler zeichnet sich recht deutlich das Bild eines außergewöhnlichen Mannes von großer Menschenkenntnis ab. Etwa zur gleichen Zeit wie der historische Buddha in Indien hielt Konfuzius seine Schüler nachdrücklich zu einem Weg der Mitte an, forderte den Hitzkopf dazu auf, mehr Gelassenheit und Voraussicht, den allzu Vorsichtigen, mehr Mut und Selbstvertrauen zu entwickeln, ehe sie politisch tätig würden.

Denn tätig werden hieß für Konfuzius politische Tätigkeit. Handwerkliche Fähigkeiten, über die er aufgrund seiner Vorgeschichte anscheinend selbst verfügte, bedeuteten ihm nichts, da er von einer strengen hierarchischen Arbeitsteilung der Gesellschaft ausging, in welcher die einfachen Menschen für ein Leben als Bauern und Handwerker, die gebildeten aber für politische Ämter bestimmt waren. Diese Bildung schloss freilich praktische Lebenserfahrung und vor allem Bildung am eigenen Charakter mit ein, was das Hierarchische seines Gesellschaftsentwurfes doch etwas abmilderte, insofern es auch Menschen aus niederer Herkunft, die nur genügend Sehnsucht nach charakterlicher Vervollkommnung und Freude am Lernen mit sich brachten, ermöglichte, sich als "Edle", wie Konfuzius den zum Leiten ausersehenen Menschentyp im Gegensatz zum "kleinen Menschen" bezeichnet, zu erweisen. Diese charakterliche Bildung und - im besten Fall - Vervollkommnung des Menschen war ganz gewiss eine herausragende Stärke des Konfuzius, er erweist sich darin als wahre Autorität, als gleichermaßen großer Psychologe wie Morallehrer, was die diesbezüglichen Passagen, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben, bezeugen.

Im politisch-gesellschaftlichen Bereich ging es Konfuzius, wohl nicht zuletzt als Reaktion auf die politischen Wirren und das Fehlen einer einigenden Zentralmacht zu seiner Zeit, in erster Linie um Stabilität und Langfristigkeit. Zu diesem Zweck rief er zur Besinnung auf die gute, alte Zeit auf (eine solche gab es nämlich bereits im China des 6. vorchristlichen Jahrhunderts), wo laut Konfuzius Friede herrschte, weil jeder noch seinen Platz in der Gesellschaft kannte und nicht versuchte, mehr zu scheinen als er war. In Anlehnung an diese Vorstellung entwickelte er ein Staatssystem mit einer fixen Hierarchie, vom Herrscher über die Minister und Beamten bis zu den einfachen Bauern, innerhalb derer er von den Untergebenen Hingabe und Pflichtbewusstsein, von den jeweils Höherstehenden Milde in der Gewaltausübung und Vorbildwirkung, was ihre edle Geisteshaltung, aber auch die strenge und würdevolle Einhaltung von Formen und Riten betraf, verlangte. Wenn Konfuzius auch ausdrücklich darauf hinwies, dass diese Zeremonien einer echten inneren Gesinnung entsprechen sollten, war durch diese Betonung des Formellen doch der Keim für späteren Missbrauch sich auf den Meister berufender Staatsmänner gelegt. Doch auch, wenn dadurch eine gewisse Tendenz zur Erstarrung gegeben war und dieses Staatsmodell überhaupt einigermaßen reaktionär anmutet, gibt der Erfolg Konfuzius wohl recht - mit Ausnahme der wildesten Jahre der Kulturrevolution war konfuzianisches Denken den Mächtigen des Landes zu allen Zeiten ein (manchmal freilich rein äußerliches) Vorbild.

Gegnerschaft erwuchs Konfuzius bzw. seinen Anhängern nicht von Politikern (für die der Meister relativ ideologieunabhängig einfach zu Allgemeingültiges geleistet hatte), sondern in solchen Geistesströmungen, die einerseits von den Auswüchsen dieses durch ihn entstandenen Staatskults und andererseits durch das Fehlen jeglicher Metafysik, Spiritualität (sieht man von seiner Morallehre ab) und Jenseitsbezogenheit im Konfuzianismus abgestoßen waren. Doch selbst die bösartigsten taoistischen Anekdoten kamen nicht umhin, Konfuzius selbst als einen Menschen darzustellen, der bei allen Irrtümern stets willens war, dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln.

(fritz; 07/2002)


"Die Weisheit des Konfuzius. Ewige Wahrheit für die Zukunft des Menschen"
Zusammengestellt von Werner Fritz. Mit Illustrationen von Klaus Holitzka.
Integral Verlag, 2001. 122 Seiten.
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