Philip Kerr: "Der Tag X"

Ein spannender historischer Roman, der aus vielen Gerüchten und Spekulationen um Marilyn Monroe, Frank Sinatra, JFK und Castro eine zusammenhängende, plausible Geschichte macht, die nicht notwendigerweise wahr ist, dafür aber umso interessanter


Kuba und Castro sind für die Amerikaner immer ein Diskussionsthema, wenn es auch seit 9/11 etwas in den Hintergrund gerutscht ist. Der Maximo Líder ist im Moment nicht wirklich ein Thema in der amerikanischen Außenpolitik. Aber das war nicht immer so, und seitdem Castro an die Macht gekommen ist, soll es immer wieder mehr oder weniger durchdachte Versuche gegeben haben, ihn "loszuwerden". Dieser Roman erzählt von einem möglichen Versuch dieser Art.

Es ist 1960 und die Mafia, die auf Kuba einige sehr ertragreiche Casinos und Hotels verloren hat, besinnt sich auf ihre patriotische Pflicht und verpflichtet den Profikiller Tom Jefferson, der gerade von einem Einsatz für den Mossad von Kuba zurückgekommen ist, um Fidel unter die Erde zu bringen. Die Mafia ist überhaupt sehr aktiv, da sie unter anderem einen jungen Senator protegiert, der die besten Aussichten hat, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Über diesen Senator haben die Mafiosi auch nach ihrem Glauben einige Macht, da sie ein paar sehr eindeutige Tonbandaufnahmen haben, auf denen man hören kann, wie sich der Politiker mit jungen Frauen vergnügt, die eindeutig nicht seine Frau sind. Die Stimme einer dieser Frauen ist der amerikanischen Öffentlichkeit wohl bekannt, handelt es sich doch um jene von Marilyn Monroe. 

Als ein Verbindungsmann der Mafia Jefferson - einem erklärten Monroe-Fan - dieses Tonband vorspielen will, erwischt er dummerweise den falschen Mitschnitt. Oder auch den richtigen, das kommt auf die Perspektive an. Auf dem Band ist Kennedy beim Liebesspiel mit einer seiner Wahlkampfhelferinnen zu hören. Und diese Wahlkampfhelferin ist ausgerechnet Tom Jeffersons Frau. Tom lässt sich zunächst nichts anmerken, doch am nächsten Tag ist er mit der Hälfte des Kopfgeldes für Castro verschwunden, und wenig später wird seine Frau tot aufgefunden. Die Mafia setzt einen Police-Detective, der kurz vor der Pensionierung steht, auf ihn an, denn die "ehrenwerte Gesellschaft" lässt sich nicht gerne um größere Summen erleichtern. Bei seinen Ermittlungen wird dem Detective zunehmend klar, dass Jefferson nun ein neues Ziel für seine beeindruckenden Schießkünste gefunden hat, nämlich den nächsten Präsidenten der USA. Und er hat dabei einige treue Helfer, die alles für ihn tun würden. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt, das nicht mal endet, als sich Kennedy endlich in Jeffersons Fadenkreuz befindet.

Ein spannender historischer Roman, der aus vielen Gerüchten und Spekulationen um Marilyn Monroe, Frank Sinatra, JFK und Castro eine zusammenhängende, plausible Geschichte macht, die nicht notwendigerweise wahr ist, dafür aber umso interessanter. Die 1960er Jahre in den USA werden dabei gut eingefangen, und einige ihrer idealisierteren Darstellungen erfolgreich hinterfragt. Eine schöne Freizeitlektüre. 

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2002)


Philip Kerr: "Der Tag X"
Taschenbuch:
Rororo, 2002. 506 Seiten.
ISBN 3-499-23252-9.
ca. EUR 9,90.
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