Harald Meller (Hrsg.): "Der geschmiedete Himmel"

Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren


"Der geschmiedete Himmel" ist der Begleitband zu Sonderausstellungen verschiedener Museen, die sich allesamt zentral mit der Himmelsscheibe von Nebra befassen.

Bei dieser Scheibe handelt es sich um ein Kunst- und Kulturobjekt von unschätzbarem Wert, das zusammen mit anderen Gegenständen, wie Schwertern, Schmuck und Gerät auf dem Gipfel des Mittelbergs bei Nebra in Sachsen-Anhalt vor ca. 3.600 Jahren vergraben wurde. Die Scheibe besteht aus einer runden Kupferplatte, die ursprünglich schwarzbraun gewesen ist. Mittlerweile hat sie sich durch die Metalloxidation grün verfärbt, aber nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Auf der Scheibe findet man 32 Sterne, die als goldene Punkte dargestellt sind. Bemerkenswerter Weise sind nicht alle diese Sterne zufällig angeordnet, sondern bilden sieben davon ein Sternbild, die so genannten Plejaden, eine seit alters her bekannte Sternengruppe. Damit handelt es sich bei der Himmelsscheibe von Nebra um die erste bekannte Darstellung des Sternenhimmels.
Neben den Sternen wurden auf der Scheibe, jeweils in Gold, ein Voll- und Sichelmond, ein Schiff und zwei Horizonte angebracht, von denen leider nur noch einer vorhanden ist.

Das Buch beschäftigt sich mit der Scheibe selbst, deren Aufbau und Entstehungsgeschichte, deren eventueller Bedeutung und schildert auch den Fund der Scheibe. Diese wurde von Raubgräbern, also Personen, die illegal Grabungen durchführen, entdeckt und bei der Ausgrabung nicht in ihrer Bedeutung erkannt. Wenn man liest, wie die Raubgräber mit diesem kostbaren Kleinod umgegangen sind, bekommt man sogar als Nicht-Archäologe körperliche Schmerzen. Die Gräber hielten die Scheibe anfangs für einen Eimerdeckel und schlugen sie mit einem Hammer aus dem Boden. Leider hinterließ diese unsachgemäße Behandlung Spuren, die immer noch deutlich erkennbar sind. In weiterer Folge wurde die Scheibe mit Stahlwolle gereinigt, was sich nicht sonderlich positiv auf die Oberfläche derselben ausgewirkt hat. Insgesamt wurde ein nicht wieder gut zu machender Schaden angerichtet.

Natürlich erfährt der Leser nicht nur Umfassendes über die Scheibe selbst, sondern beschäftigt sich das Werk mit der gesamten Zeit, aus der sie stammt, und erläutert viele kunst- und kulturrelevante Themen in diesem Zusammenhang. So wird dem Leser ein abgerundetes Bild der Bronzezeit vermittelt.

Neben den zweifellos fundierten verbalen Abhandlungen besticht das Buch vor allem durch beeindruckende Abbildungen der Gegenstände. Zumeist ist die linke Seite des aufgeschlagenen Bandes mit einem Artikel nebst kleineren Fotos gefüllt und die rechte Seite zur Gänze von einem Bild vereinnahmt. Der Fotograf hat die wertvollen Objekte so gekonnt in Szene gesetzt, dass ein nachhaltiger Eindruck verbleibt. Allein schon deshalb ist das Buch eine Bereicherung jeder Bibliothek. Eine Suche im Internet führt mit Sicherheit nicht zum Auffinden derart professionell erstellter Fotografien in dieser bestechenden Qualität.

Insgesamt kann dieses Buch jedem, der an Kunst, Kultur und Handwerk der Bronzezeit auch nur ein wenig interessiert ist, mit gutem Gewissen ans Herz gelegt werden. Nebenbei sei allen, die die Gelegenheit haben, empfohlen, sich die Himmelscheibe in voller Pracht real im Museum anzusehen. In Kombination mit der Lektüre dieses Buches entsteht so ein beachtlicher Eindruck dessen, was unsere Vorfahren im angeblich kaum kultivierten Europa von dreieinhalbtausend Jahren tatsächlich zu leisten im Stande gewesen sind.

(MagMaMa; 12/2005)


Harald Meller (Hrsg.): "Der geschmiedete Himmel"
Theiss-Verlag, 2004. 206 Seiten mit rund 240 farbigen Abbildungen.
ISBN 3806219079.
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Dr. Harald Meller ist seit 2001 Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt und Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Er trug maßgeblich zur sicheren Wiederbeschaffung der Himmelsscheibe von Nebra bei.

Liens:
Zur Netzseite der Ausstellung "Der geschmiedete Himmel. Die Himmelsscheibe von Nebra" des Wiener Naturhistorischen Museums:
http://www.nhm-wien.ac.at/D/aktuelles/sonderausstellung/nebra/index00.html
Zur Netzseite des Fördervereins Himmelsscheibe von Nebra e. V.: http://www.himmelsscheibe-von-nebra.com/ 

Weitere Tipps:

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Archäologische Geschichten aus Sachsen-Anhalt.
13 Hörbilder über bedeutsame archäologische Funde in Sachsen-Anhalt, ihre historische Einordnung und den Weg zu ihrer Bergung. Auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts wurden und werden immer wieder wichtige, zum Teil weltgeschichtlich bedeutsame Funde gemacht. Neben dem ältesten Kunststoff der Menschheitsgeschichte oder auch einem Bumerang aus der Eisenzeit gehört die sogenannte Himmelsscheibe von Nebra zu den spektakulärsten Objekten. Gerade bei letztem Beispiel wird deutlich, dass nicht nur die Erforschung der Vergangenheit dieser Fundstücke, sondern auch manchmal ihre Fundgeschichte einem Krimi gleicht.
In der erfolgreichen MDR-Radiosendung "Geschichten aus Sachsen-Anhalt" werden in Zusammenarbeit mit dem hallischen Museum für Vorgeschichte regelmäßig auch Geschichten zu archäologischen Funden ausgestrahlt. Davon wurden 13 ausgewählt und als Hörbuch-CD zugänglich gemacht, ein aufwändig gestaltetes Begleitheft mit Abbildung der einzelnen Funde ergänzt die CD und macht sie auch zu einem optischen Genuss.
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Das "bayerische Troja" - Bernstorf, die versunkene Stadt der Bronzezeit, zählt zu den spannendsten Fundorten der Vorzeit in Deutschland. Sensationelle Funde wie das "Bernsteingesicht", das älteste Kronendiadem Mitteleuropas und ein Siegel aus dem kretisch-mykenischen Raum belegen die engen Beziehungen der bronzezeitlichen Kulturen zwischen Ostsee und dem fernen Ägypten: Zeugen aus einer Zeit, als Mitteleuropa in die Geschichte eintrat und Bronze, Gold und Bernstein die Welt veränderten.
Die aktualisierte und erweiterte Neuauflage präsentiert die neuesten Funde von Bernstorf mit aktuellen Forschungsergebnissen und attraktiven Farbabbildungen. (Theiss-Verlag)
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"Götter und Helden der Bronzezeit. Europa im Zeitalter des Odysseus"
In dieser Publikation werden bedeutende bronzezeitliche Funde aus 23 europäischen Ländern präsentiert, deren Spektrum von Werkzeugen und Waffen über Gefäße, Kultobjekte und Elfenbeinschnitzereien bis zu Schmuck reicht.
Die Bronzezeit ist eine unserer wichtigsten vorgeschichtlichen Epochen: Ein Europa kultureller Gemeinsamkeiten brach an, das uns in den Dichtungen Homers (um 750 v. Chr.) - den frühesten literarischen Zeugnissen Europas -, überliefert wird. Die Spuren der Bronzezeit sind noch heute in zahlreichen europäischen Landschaften - etwa in Griechenland die Fundstätten Knossos und Mykene - sichtbar. Zu ihren Errungenschaften zählt die Bronzemetallurgie wie auch die Verarbeitung von Gold und Silber, Glaspaste, Bernstein und Elfenbein: Zeichen einer geschichtlichen Phase kunsthandwerklichen Aufschwungs und prunkvollen Reichtums.
In anregenden Textbeiträgen zum bronzezeitlichen Leben, zu Gesellschaft, Klima, Handwerk, Religion und Kult lässt die überaus reich illustrierte Publikation die für die europäische Geschichte höchst bedeutungsvolle Periode lebendig werden. (hatje cantz verlag)
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Klaus-Rüdiger Mai: "Die Bronzehändler" zur Rezension ...
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