Pedro Juan Gutiérrez: "Schmutzige Havanna Trilogie"

Geschichten von schillernden Individuen und vom nackten Leben: die Nachtseite der Revolution


Gutiérrez' Figuren saufen, kiffen und koitieren ständig, wenn sie einander nicht gerade aus dem einen oder anderen Grund über den Tisch ziehen. Meist geht es dabei um kleinere Summen Geldes oder um ein wenig Stoff - oder um Sex. Manchmal aber auch um etwas größere Dinge.

Gutiérrez'  Kuba ist ein Kuba von ganz unten, das den Eindruck eines riesigen Freiluftbordells hinterlässt, in dem die Menschen nicht anders können, als sich in der einen oder anderen Art und Weise zu prostituieren und dabei gleichzeitig auch oft die Zuhälter ihrer Mitmenschen zu werden. Moral ist eine Frage des Moments, Promiskuität ist mit Bisexualität vermischt - bei gleichzeitiger Homophobie, was ziemlich schizophren wirkt, aber hier erstaunlich glaubwürdig vermittelt wird.

In kurzen Schlaglichtern beleuchtet der Autor Momente seines eigenen Lebens und Erlebens - sofern man das glauben will - und auch Dinge, die er in seinem Umfeld gesehen oder gehört hat. Wobei Letzteres besonders im letzten Drittel des Buches aufkommt und so die bis dahin langsam eintretende Gleichförmigkeit des schmutzigen Elends ein wenig auflöst - und doch hier und da noch ein wenig humanistische Hoffnung durchscheinen lässt. Aber im Großen und Ganzen muss man schon feststellen, dass Kuba in den Augen dieses Autors ein Ort ist, von dem man in erster Linie wegkommen möchte, denn das Leben in der unteren sozialen Schiene dieser Insel entmenschlicht die Einwohner absolut.

Wirklich kein Werberoman für Kuba, aber sicherlich eine wichtige Betrachtung zum Leben unter kubanischen Verhältnissen - auch wenn sie zum Teil übertrieben erscheinen, wobei man befürchtet, dass sie es nicht sind. Wenn man zum Vergleich Romane afrikanischer Autoren zum Leben in Elendsgebieten der Dritten Welt liest, wird man dort vieles wiederfinden, was auch die "Schmutzige Havanna Trilogie" ausmacht, die kein waschechter Roman ist, (dafür müsste es eine durchgehende Handlung geben), sondern eine Sammlung von Beobachtungsfragmenten, die sich bei jedem Leser mit seinen sonstigen Erfahrungen zu einem eigenen erweiterten Bild von Kuba zusammenfügen werden.

Das Buch ist wirklich stellenweise unerträglich in seiner drastischen Form der Darstellung und in dem, was dargestellt wird, aber mit der Zeit fühlt man beim Lesen eine ähnliche Betäubung, wie sie die Menschen in diesen Geschichtchen auch zu empfinden scheinen, einfach um jeden Tag durchzustehen. Eben diesen Eindruck bekommt man während der Lektüre, und genauso kämpft man sich zum Teil von Fragment zu Fragment. Es lässt einen nicht wirklich in ein solches Leben hineinkommen, aber es vermittelt zumindest eine ungefähre Idee; und das ist, bei aller Unerträglichkeit, sicherlich ein Verdienst der "Schmutzigen Havanna Trilogie".

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2007)


Pedro Juan Gutiérrez: "Schmutzige Havanna Trilogie"
(Originaltitel "Trilogía sucia de La Habana")
Aus dem Spanischen von Harald Riemann.
Goldmann, 2007. 411 Seiten.
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