Paul Grote: "Rioja für den Matador"


Paul Grote, 1946 geboren, hat über 15 Jahre lang als Journalist für die Presse und den Rundfunk in Südamerika gearbeitet und sich dort über die Zeit mit der professionellen Seite des Weinanbaus und der Weinkultur vertraut gemacht. Bald kamen zu seinen normalen Reportagen immer mehr Veröffentlichungen über den Weinbau hinzu. Paul Grote machte sich langsam einen Namen als Weinkenner.

Als er 2003 wieder nach Deutschland zurückkehrt, lässt er sich in Berlin nieder und beginnt zwei neue erfolgreiche Projekte. Zum einen richtet er immer wieder Weinseminare aus, um sein Wissen an interessierte Weinliebhaber und solche, die es werden wollen, weiterzugeben, zum anderen erfindet er eine Art literarisches Alter Ego.

Auch der Journalist Henry Meyenbeeker hat die Länder der Welt bereist, vor allem Lateinamerika, ist ein absoluter Weinkenner und stößt auf seinen Reportagereisen immer wieder auf mysteriöse Kriminalfälle, die er mit seiner ihm eigenen Art lösen hilft.

Henry Meyenbeeker ist Chefreporter der in Wiesbaden ansässigen Fachzeitschrift "Wein & Terroir". Seit einiger Zeit wird ihm die Leitung des Blattes angetragen, doch Meyenbeeker ziert sich. Er will seine schriftstellerische und journalistische Freiheit und Unabhängigkeit nicht aufgeben. Allzu sehr gehen ihm die durch die Werbeträger und Anzeigenkunden beeinflussten Auftrags- und Gefälligkeitsartikel auf die Nerven. Da kommt ihm ein Anruf von Jaime Toledo, dem Chefönologen der spanischen Winzergenossenschaft HAGAR in der Rioja gerade recht, der von Angriffen auf sein Projekt berichtet und Meyenbeeker einlädt, in die Rioja zu kommen, um über seine Genossenschaft zu berichten, wohl auch, weil er sich dadurch Unterstützung und Aufklärung erhofft.

Henry Meyenbeeker nimmt einen Billigflieger nach Bilbao und fährt dann mit einem Mietwagen in die Weingegend. Unterwegs gerät er in einen Verkehrsstau, verursacht von einem Unfall. Ein PKW ist an einer ungesicherten Stelle von der engen Passstrasse abgekommen und in die Tiefe gestürzt.

Als wenig später Jaime Toledo auf ähnliche Art an just jener Stelle zu Tode kommt, sieht Meyenbeeker auch den ersten Unfall in einem anderen Licht.

Paul Grote schildert nun einen Machtkonflikt zwischen etablierten Großwinzern mit dunkler Vergangenheit. Er beschreibt sehr aufschlussreich, wie während der Franco-Diktatur dem Führer ergebene Winzer sich regelrechte Imperien zusammenraubten, indem sie die kleinen Winzer mit allen möglichen Methoden zerstörten. Einer dieser Großwinzer ist es auch, der Jaime Toledos neuer Winzergenossenschaft große Schwierigkeiten macht. Die Sache wird noch pikanter dadurch, dass Jaime Toledo vorher Chefönologe dieser Bodega Penasco war.

Jaime Toledo kann Meyenbeeker nur wenig von den Problemen seiner Genossenschaft erzählen, weil er schon am Tag nach dessen Ankunft tödlich verunglückt, genau dort, wo der Journalist den ersten Unfall erlebt hat. In zahllosen Gesprächen versucht nun der Deutsche, Licht in das Dunkel der mannigfaltigen und durch eine bewegte politische Vergangenheit  auch verworrenen Beziehungen zu bringen. Er erfährt vom großen Traum des begnadeten Önologen Toledo, einen eigenen Spitzenwein zu kreieren. Er erfährt weiter, dass all die Genossenschafter früher ihren Wein an Penasco lieferten, der aus den ausgewählten Trauben unter der Federführung eben jenes Jaime Toledo einen auch international anerkannten Spitzenwein ausbaute. Diese wertvollen Trauben fehlen nun den Penascos, und sie wollen das nicht kampflos hinnehmen.

Bei seinen Ermittlungen macht Henry Meyenbeeker immer wieder die unliebsame Bekanntschaft eines Beamten der Guardia Civil, jener Polizeieinheit, die im Franco-Regime eine unrühmliche Rolle spielte. Und er lernt Isabella kennen, eine Tochter des Penasco-Clans, die zusammen mit ihrem Onkel aus Chile zurückgekehrt  ist. Sie hat in jahrelanger Forschungsarbeit aufgedeckt, auf welche kriminelle Weise ihr Großvater unter Franco sein Imperium zusammenbaute und will endlich die Gerechtigkeit wiederherstellen sowie die Opfer entschädigen. Klar, dass das den anderen Penascos nicht gefällt. Meyenbeeker verliebt sich in Isabella, und das Buch treibt auf seine spannende Spitze zu.

"Rioja für den Matador" ist ein spannender Kriminalroman. Gleichzeitig aber ist es eine wunderbare Einführung in das Weinbaugebiet der Rioja mit unzähligen Informationen und Detailbeschreibungen der Weinherstellung.

Wer Weinliebhaber und Krimifan zugleich ist, wird auch an diesem dritten "Weinkrimi" Paul Grotes seinen großen Gefallen finden. Wer mit Wein nichts anzufangen weiß und es auch nicht lernen will, sollte indessen lieber zu einem anderen Kriminalroman greifen.
Ich bin von diesem Buch und seinem Autor begeistert.

(Winfried Stanzick; 10/2006)


Paul Grote: "Rioja für den Matador"
dtv, 2006. 345 Seiten.
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Lien zu Paul Grotes Netzseite: http://www.paul-grote.de/.

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