Joachim Bublath: "Die neue Welt der Gene"

Visionen. Rätsel. Grenzen


Weder Gottes noch des Teufels: Genetik und Gentechnik

In den letzten Jahren hat die genetische Grundlagenforschung viel erreicht. Die Wissenschaftler verstehen zahlreiche Mechanismen, auf die Lebensfunktionen und Genexpression zurückzuführen sind. Doch die neuen Erkenntnisse haben auch Erwartungen zunichte gemacht und Grenzen aufgezeigt, die in nächster Zeit kaum zu überwinden sein dürften.

Der Wissenschaftsjournalist Joachim Bublath fasst in diesem Buch neuere und ganz aktuelle Ergebnisse aus der Genetik und Gentechnik auf eine für ein breites Publikum interessierte Weise zusammen.
Vor allem geht es um die Grundlagen der menschlichen Entwicklung vom Embryo zum lebensfähigen Menschen, um Hoffnungen, die sich vor allem in Bezug auf Erbkrankheiten an die Gentechnik geknüpft haben, um die Forschung in diesem Bereich und ihre überwiegend zu wenig Hoffnung Anlass gebenden Erkenntnisse. Doch auch Tiere und Pflanzen spielen in diesem Buch eine große Rolle, nicht nur wegen der natürlich ebenfalls thematisierten "grünen" Gentechnik und der Funktion von Tieren in der Forschung: Sie können uns viel über den Ursprung und die Mechanismen des Lebens lehren.

Der Autor greift zudem heikle Themen auf wie Versuche, den Menschen genetisch auf Unsterblichkeit zu trimmen, Klonierung, die genetische Aufklärung der Besiedlung der Erde durch die Menschen und die Entstehung des Lebens.

Für Naturwissenschaftler bietet dieses Buch nichts Neues, es wendet sich an interessierte Laien und setzt keine Kenntnisse bezüglich der Naturwissenschaften voraus. Zudem ist das Buch vermutlich bewusst so gehalten, dass Leser für sie individuell interessante Kapitel auswählen und abseits der vorgegebenen Reihenfolge lesen können.

Der Autor lässt sich vor keinen wie auch immer gefärbten politischen Karren spannen und diskutiert strittige Themen somit sachlich, wenngleich nicht unsensibel, und ohne politische Ziele. Selten erhält der Leser ohne Vorbildung eine so ausgewogene, wertneutrale Darstellung, die präzise Vor- und Nachteile etwa der grünen Gentechnik auflistet und beurteilt. Auch die breit gefächerte Themenauswahl zeugt von Bublaths Wissen über die Sorgen und Ängste, teils freilich auch über die allzu hochgeschraubten Erwartungen, die Bürger bezüglich der Genetik, vor allem Gentechnik, hegen. Zerstreuen kann und will er die Besorgnis nur dann, wenn dies aus wissenschaftlicher Sicht eindeutig möglich ist - faktisch also nie. Doch es gelingt ihm, im Leser einen realistischen Sinn für Nutzen und Risiko zu entwickeln.

Das Buch ist üppig und in hoher Qualität mit Bildern zu den verschiedenen Themen illustriert. Überwiegend handelt es sich um Abbildungen von elektronenmikroskopisch untersuchten Objekten und um Tiere und Pflanzen mit gewissen genetischen Eigenheiten.

Am Ende dürfte die diffuse Angst des Lesers vor den durch die Massenmedien immer mit Skepsis bis hin zu pauschaler Ablehnung betrachteten Methoden der Gentechnik einer sachlich begründeten, mehr oder weniger neutralen Einschätzung gewichten sein. Und ganz nebenher hat er noch eine Menge über seine Abstammung und viele andere, durch die moderne Genetik erst zugänglich gewordene Fragestellungen gelernt.

(Regina Károlyi; 10/2007)


Joachim Bublath: "Die neue Welt der Gene. Visionen. Rätsel. Grenzen"
dtv, 2007. 239 Seiten.
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