Martin Amanshauser: "Logbuch Welt"

52 Reiseziele für Profi-Traveller und chronische Daheimbleiber


Die grüne Drachenfrucht ist gar nicht grün
Martin Amanshauser plaudert charmant über Land und Leute in 52 Orten auf fünf Kontinenten


Wussten Sie, dass man in Japan im Sushi-Restaurant niemals zu viel Wasabi zu sich nehmen sollte? Diese dem Meerrettich ähnliche Beilage ist gewöhnlich sehr scharf und kann schon einmal zu kräftigem Naselaufen führen. Aber Vorsicht: niemals schnäuzen - in Japan schnupft man hinauf!
Auch sollten Sie gewappnet sein, wenn Sie in Syrien einen Hamam betreten. Dort kann es durchaus vorkommen, dass Sie meinen, tatsächlich in der Hölle zu sein, denn eine traditionelle Waschung wirkt auf einen Europäer eher wie eine teuflische Katharsis.
Und wer misst schon so einem "gewöhnlichen" Ereignis wie einer Sonnenfinsternis große Bedeutung bei, wenn in einer Kleinstadt in Ghana partout kein Geschäft zu finden ist, das Ansichtskarten verkauft.

Skurriles, Komisches, Nachdenkliches und Interessantes hat der österreichische Autor Martin Amanshauser in seinem "Logbuch Welt" verewigt. Doch "52 Reiseziele für Profi-Traveller und chronische Daheimbleiber" bietet keine Reisebeschreibungen in herkömmlichem Sinn. Auch ist das Buch keineswegs als neuartiger Reiseführer à la "Marco Polo", "MERIAN" und dergleichen zu werten. Vielmehr vermittelt sein Duktus folgendes: originelle und unterhaltsame Reiselektüre.

Amanshauser bietet dem Leser Momentaufnahmen aus vielen Jahren intensiver Reisetätigkeit. Das Büchlein basiert auf Kolumnen, die der Autor unter dem Titel "Amanshausers Welt" in der Tageszeitung "Die Presse" veröffentlicht hat.
Dabei haben seine Geschichten nicht immer mit dem vermeintlichen Reiseziel zu tun. Es sind kurzzeitige, bemerkenswerte und/oder erwähnenswerte Eindrücke, die Amanshauser "eingefroren" hat, um sie nun dem Leser visuell zu übermitteln.
Entstanden ist amüsante, humorvolle, kurzweilige und von Zeit zu Zeit informative kleine Lektüre: ein Sammelsurium aus länderspezifischen Kuriositäten, menschlichen Eigenheiten oder interessanten "Nebensächlichkeiten".

Das Buch ist gleichfalls eine Reise durch das Leben des Autors selbst. So erfährt der Leser von Amanshausers erster Enttäuschung mit dem weiblichen Geschlecht auf einem Luxuskreuzfahrtschiff oder dem unfreiwilligen Zustandekommen eines Titelfotos in einer portugiesischen Zeitung, auf dem er - zwanzigjährig - mit seinen Freunden abgebildet war. In einer anderen Geschichte, die in China spielt, rächt der bekennende Nicht-Hundefreund Amanshauser eine in der Kindheit erfahrene Schmach, und zwar mittels eines lecker zubereiteten Eintopfgerichtes aus Datteln, Knoblauch, Chili, Glasnudeln, Zwiebeln und ... "Esshund"; mit interessanten Nebenwirkungen.

Doch Reisen ist offensichtlich nicht immer nur amüsant.
Vor allem, wenn man in südamerikanische Länder fährt, wo es solch "possierliche Tierchen" wie die Scabies gibt, die man in heimischen Gefilden - gottlob - nicht antreffen wird. Scabies? Fragen Sie lieber nicht (oder lesen Sie Martin Amanshauser) - eine sehr unangenehme Erfahrung! Da waren die Brusthaare fressenden Zebrafische beim Schnorcheln auf den Seychellen vergleichsweise harmlos.

52 weltweite Stationen besucht der Autor, die neben den vielfältigen Erfahrungsberichten auch noch eine Adresse des jeweiligen Aufenthaltsortes, viele Fotos und eine kleine Grafik mit der geografischen Einordnung enthalten. Aber lassen Sie sich nicht in die Irre führen: nach Griechenland, Bosnien-Herzegowina oder Ungarn müssen Sie nicht über Indien fahren, denn beide Länder sind immer noch Bestandteil Europas. Hier ist beim Druck wohl ein kleines Missgeschick unterlaufen. Wohl kaum hätten sonst Aml (so hieß der Autor damals) und sein Freund Hardy mit ihrer Vespa 1986 den Weg von Salzburg an den Balaton in 14 Stunden geschafft.

Trotz allen Humors schlägt Martin Amanshauser auch leise und nachdenkliche Töne an. So endet seine Weltenbummelei bei Jimmy, dem obdachlosen Poeten am Bondi Beach in Sydney, dessen Schicksal tief berührt. Ganz bewusst nimmt der Autor den euphorischen Blick etwas zurück und regt zum Nachdenken an: darüber, dass Reisen nicht für Jeden die gleiche Bedeutung hat.

Fazit:
Auch wenn die "habituelle Unfreundlichkeit" seiner hauptstädtischen Landsleute nicht immer Wonnegefühle verströmt, so bieten Martin Amanshausers Anekdoten einen bunten, individuellen, pointierten und intelligenten Auszug seiner Reiseerlebnisse in großartiger Erzählqualität und optisch sehr ansprechender Aufbereitung.

(Heike Geilen)


Martin Amanshauser: "Logbuch Welt. 52 Reiseziele für Profi-Traveller und chronische Daheimbleiber"
Brandstätter Verlag, 2007. 208 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:

"Der Fisch in der Streichholzschachtel"
Auf der Karibik-Kreuzfahrt, die Fred mit seiner Frau Tamara und dem pubertären Nachwuchs unternimmt, herrscht gähnende Langeweile. Als der Familienvater an Bord ausgerechnet auf seine Exfreundin Amélie trifft und das Schiff auch noch in einen Orkan gerät, ist es mit der Seelenruhe schlagartig vorbei.
Der Kontakt zur Außenwelt ist unterbrochen, als eine Horde eigenwilliger Piraten aus der Vergangenheit das Schiff kapert. Diese haben es auf Pfefferstreuer und Toilettenpapier abgesehen und reagieren panisch auf die technischen Errungenschaften aus dem 21. Jahrhundert. Was zur Hölle geht hier vor? Eine hinreißende Satire, eine Liebesgeschichte mit Humor aus einer Welt voller Wunder. (Deuticke)
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