"Sefarad hören"

Eine jüdische Zeitreise
(Hörbuchrezension)


Hörbücher verkörpern die unterschiedlichsten Facetten. Kleine Kunstwerke, Kleinode, plumpe Vertonungen von Verkaufsschlagern, historische Aufnahmen, ungewöhnliche Sprachakrobatik und noch viel mehr ist dieser Form, Literatur nahe zu bringen, eigen. Im Falle des zu besprechenden Werkes kommt eine Komponente hinzu, die wohl für die Philosophie des Verlags steht: Nämlich die Mischung aus Musik, Geschichte, Anekdoten und Geografie.

Die Hörbücher des Silberfuchs-Verlags wollen - auch - Wissen vermitteln. Wobei dieses Wissen der Ansatzpunkt sein kann, sich mit dem Dargebrachten intensiver auseinander zu setzen.

Ist es möglich, in 80 Minuten tatsächlich eine "jüdische Zeitreise" zu gestalten? Ja, es funktioniert, auch wenn ich als Freund der jüdischen Musik die Musikbeispiele als insgesamt zu kurz einstufe. Freilich muss hinzugeschrieben sein, dass aber gerade die Musik das Gesamtprodukt so besonders macht, also unverzichtbar ist. Und wenn Geschichte hörbar sein soll, gilt es, eine Auswahl zu treffen.

Eine geballte Ladung von Information wird auf den Hörer abgeworfen. Vieles davon mag er schon kennen, vieles wird Neuland sein. Und es sind insbesondere die nicht erwarteten Erkenntnisse, die nach dem Hören im Gedächtnis bleiben. So gibt es etwa einen Abschnitt, der sich mit George Moustaki auseinandersetzt, den berühmten Chansonier, der im Jahr 2013 verstorben ist. Moustaki war Sohn eines sephardischen jüdisch-griechischen Buchhändlers. Mit seinem vielleicht bekanntesten Chanson "Le Meteque" besingt er das Gefühl des Fremd-Seins, das ihn sein Leben lang bestimmt hat.
Die Flucht bzw. die Vertreibung der Juden von der iberischen Halbinsel, die sich hernach Sepharden nannten, kann durchaus in diese Geschichte hineininterpretiert werden.

Das künstlerisch gestaltete Begleitheft ergänzt und belegt die hörbar gemachte jüdische Zeitreise kongenial. Wer sich einen ersten Eindruck von diesem Hörbuch verschaffen will, der ist eingeladen, die vom Verlag zur Verfügung gestellten Hörproben auf sich wirken zu lassen. Zudem ist auch ein Bericht über die Herstellung im Angebot, den die Sprecherin des Hörbuches, Anne Moll, ins Bild bringt.
(http://www.silberfuchs-verlag.de/verlagsprogramm/laenderhoeren/sefarad-hoeren/index.html)

Diese jüdische Zeitreise kann nur empfohlen sein. Und wer sich auf sie einlässt, der wird nicht umhin kommen, sein Wissen über die Sepharden und deren wunderschöne Musik zu erweitern und zu genießen.

(Jürgen Heimlich; 09/2014)


"Sefarad hören: Eine jüdische Zeitreise"
Autorin: Antje Hinz. Sprecherin: Anne Moll.
Künstlerisch gestaltete CD-Edition in festem Bucheinband von Roswitha Rösch.
Silberfuchs-Verlag, 2014.
Sechzehnseitiges Beiheft, Zeittafel, farbige Abbildungen.
1 CD, Spieldauer 80 Minuten.
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Ein Buchtipp:

Claudia Roden: "Das Buch der Jüdischen Küche: Eine Odyssee von Samarkand nach New York"

Als "Hommage an die eigenen Wurzeln" bezeichnete Claudia Roden ihr umfassendes Werk über die jüdische Küche. Rund 800 Rezepte, verwoben mit Erzählungen, Erinnerungen und Geschichte sind das Ergebnis von fünfzehn Jahren Spurensuche in der jahrhundertealten jüdischen Kochtradition. Die Rezepte, manche von ihnen niemals davor dokumentiert, sammelte Claudia Roden auf ihren Reisen rund um die Welt beim Kosten, Zusehen und Sprechen mit kochbegeisterten Menschen und Händlern.
Beginnend mit ihrer Heimat Ägypten nimmt die Autorin den Leser mit auf eine Reise durch die jüdische Diaspora, die über Russland, Polen, Deutschland, England, Frankreich, Nord- und Südamerika in den Orient nach Syrien, Israel, Marokko, Indien und Zentralasien führt. (Mandelbaum)
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