Ben Aaronovitch: "Der böse Ort"


Lesley und Peter sind nun in diesem vierten Band der "Flüsse von London"-Serie zusammen in der Ausbildung zu Zauberern in der Folly, die ihr immer noch sehr rätselhafter Meister Nightingale massiv vorantreibt. Denn er benötigt Verstärkung und gegebenenfalls Nachfolger im Kampf gegen die illegitim und im Verborgenen ausgebildeten Zauberinnen und Zauberer in England, die irgendwie mit dem "Gesichtslosen" in Verbindung stehen. Mit Hilfe von zwei Listen, die das Sonderermittlungsteam in die Finger bekommen hat, fragen sich Lesley, Peter und Nightingale durch die Gegend, während sie gleichzeitig andere ungewöhnliche Ereignisse im Auge behalten müssen - und die Nebenwelt der Londoner Magiewesen und Gottheiten, die just diese Zeit benutzen, um Nightingale an angebliche alte Verpflichtungen zu erinnern, die mit einem Frühlingsfest zu tun haben.

Ein ungewöhnlicher Autounfall ruft Peter an den Unfallort, nachdem eine Abfrage der Kolleginnen und Kollegen der "normalen" Polizei einen Namen der Liste ergibt. Einer der illegitimen Magier ist ungebremst bei Rot in eine Kreuzung gefahren, um dort mit einem anderen Wagen zusammenzustoßen. Dieses Ereignis ist nicht unbedingt so außergewöhnlich, aber die Beamtin, die den Unfallort als Erste erreicht hat, sah in der aufgerissenen Klappe des Kombis des Zauberers viel Blut und fand keine dazugehörige Leiche, so dass der Fall schlagartig von einer Unfallaufnahme zu einer Mordermittlung wurde. Einer ohne dazugehörige Leiche - zumindest zu Beginn.

Schnell stellt sich heraus, dass hier größere Zusammenhänge zu verfolgen sind; Zusammenhänge, die mit seltsamen Zauberbüchern aus Deutschland, einer Sondertruppe mit magischer Ausbildung aus der Sowjetunion und der Wehrmacht und anderen weitreichenden Aspekten zu tun haben. Außerdem rückt mehr und mehr ein sehr moderner Londoner Architekt in den Mittelpunkt der Ermittlungen - oder vielmehr eine seiner Schöpfungen, der Skygarden, eine architektonische Ikone des Sozialwohnungsbaus, die Peter, der solche Wohnfabriken nur allzu gut kennt, das kalte Grausen über den Rücken jagt. Da ist es eigentlich nur folgerichtig, dass Nightingale ihn und Lesley beauftragt, sich dort eine Wohnung zu nehmen, um an Ort und Stelle verdeckt zu ermitteln.

Mitten im sozialen Brennpunkt von Elephant und Schloss kann Peter nun alte Erfahrungen seiner Kindheit wieder aufleben lassen und gleichzeitig das Leben im sozialen Wohnungsbau durch eine magische Brille betrachten, was sich bei diesem besonderen Bau mehr als anbietet, denn der Erbauer war nicht nur Architekt, sondern auch magisch Praktizierender.

Wieder sehr anspielungsreich auf Britische Popkultur mit Bezügen zu Sherlock Holmes, Dr. Who und allerlei Magiefolklore sowie auch zu den magischen Märkten in einem Buch von Neil Gaiman, überdies mit vielen Bezügen zur Stadtgeschichte und Architektur geht ein diesmal wesentlich besser auscharakterisierter Peter Grant in den Kampf gegen das Böse. Er hat seit den ersten Büchern dazugelernt und ist nun ein Magier, der den einen oder anderen Praktizierenden nervös machen kann. Gleichzeitig ruft er durch seine Perspektive als Polizist Sierra Leonischer Herkunft Diskussionen zum Umgang mit Rasse in den Britischen Polizeikräften und der Öffentlichkeit auf - genauso, wie Fragen des Umgangs der Britischen Polizei mit Verdächtigen an sich und hinsichtlich des Umgangs mit Statistiken in der Verbrechensbekämpfung.

Fazit:
Ein wendungsreiches Lesevergnügen mit einem sprachlich überaus amüsanten Erzähler, der auch in dieser Hinsicht gereift erscheint. Am Ende gibt es nach einem sehr unerwarteten Verrat einen nägelkauinduzierenden Spannungshänger, der hoffen lässt, dass der fünfte Band nicht allzu lange auf sich warten lässt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 04/2014)


Ben Aaronovitch: "Der böse Ort"
Übersetzt von Christine Blum.
dtv, 2014. 399 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:

"Fingerhut-Sommer"

Der fünfte Band: Schwarzer Humor trifft auf schwarze Magie.
Obwohl sich Police Constable Peter Grant schon unwohl fühlt, wenn er Londons Skyline auch nur ein paar Kilometer weit hinter sich lässt, wird er jetzt in die tiefste Provinz geschickt: in einen kleinen Ort in Herefordshire - wo sich Fuchs, Hase und der Dorfpolizist Gute Nacht sagen. Aber es werden zwei Kinder vermisst, und ihr Verschwinden erfolgte womöglich unter magischen Umständen. Also muss Peter notgedrungen sein angestammtes Biotop verlassen. Mit der Flusstochter Beverley Brook begibt er sich mutig nach Westen, hinein ins ländliche England ... (dtv) zur Rezension ...
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