Francis Scott Fitzgerald: "Der große Gatsby"


Ein großer Klassiker, neu übersetzt

Francis Scott Fitzgeralds Roman "Der große Gatsby" ist einer der ganz großen Romane der Goldenen Zwanzigerjahre. Ein Roman, der einerseits ein blendendes Bild seiner Zeit ist, der andererseits jedoch auch ein zeitloser literarischer Text ist.

Wie auch in den anderen Romanen von Francis Scott Fitzgerald, ist der Zeitgeist - rauschende Feste, Oberflächlichkeit, ungebremster Alkoholkonsum im Schatten der Prohibition, schneller Aufstieg und noch rascherer Fall, sowie ganz eigenartige Spielformen der Liebe - die treibende Kraft hinter der Prosa dieses Autors. Ein Porträt des us-amerikanischen Traums, der wie eine knapp vor dem Bersten stehende Seifenblase über dem Geschehen schwebt.

Nick zieht in ein eher armseliges Haus in einer teuren Villengegend auf Long Island und steht bald im Bann seines Nachbarn, des mysteriösen Jay Gatsby, der fast jeden Abend bis in die Morgenstunden rauschende Feste feiert, Feste auf denen die Oberschicht zu Gast ist. Die Schönen und Reichen gehen in Gatsbys Haus ein und aus. Faszination und Abscheu für seinen Nachbarn wechseln sich bei Nick Carraway ab, bis er eines Tages eine Einladung von Gatsby erhält. Von hier an versucht Carraway mit allen Mitteln hinter die Motivation für den übertriebenen Lebensstil Gatsbys zu kommen.

Um jeden Preis versucht der große Gatsby nämlich eine Frau zurückzugewinnen, die er vor vielen Jahren verloren hat. Sein ganzes Dasein scheint nur auf dieses eine Ziel gerichtet zu sein.

Er kauft sich das Haus auf der anderen Seite der Bucht, nur um jeden Abend von seinem Haus zu Daisys Haus hinübersehen zu können. Jeden Abend hofft er eigentlich nur darauf, dass Daisy auf einem seiner Feste auftauchen wird. Vehement sucht er nach Möglichkeiten, an die von ihm geliebte Daisy heranzukommen. Als er erfährt, dass Nick und Daisy sogar verwandt sind, bittet er Nick um Hilfe. Nicks Hilfe löst einen leidenschaftlichen Sturm aus, der, wie kaum anders erwartet, in einer Katastrophe enden wird.

Wunderbar lässt Francis Scott Fitzgerald den Leser an den Leidenschaften seiner Protagonisten und Protagonistinnen teilhaben, seine feine und präzise Figurenzeichnung berührt durch ihre Unaufdringlichkeit.

Fitzgeralds präzise Dialoge treiben den Roman vorwärts, jedes Wort ist im Kontext wichtig, auch manche vordergründig lapidare Wortwechsel sind hier Teil der Figurenzeichnung; nichts ist Fitzgerald unwichtig, wenn Eines zum Anderen führt und der Traum der Liebe am Ende genauso platzt wie der große Traum vom schönen Leben im Überfluss.

Die neue Übersetzung von Reinhard Kaiser, erschienen im Insel Verlag, hebt sich angenehm von den ein wenig verstaubten bisher erhältlichen Übersetzungen dieses Klassikers ab, da Kaiser das Original Fitzgeralds möglichst adäquat und schnörkellos in die deutsche Sprache bringt, was diesem wunderbaren Roman hoffentlich helfen wird, auch im deutschsprachigen Raum eine noch größere Leserschaft zu finden.

(Roland Freisitzer; 01/2012)


Francis Scott Fitzgerald: "Der große Gatsby"
(Originaltitel "The Great Gatsby")
Übersetzt von Reinhard Kaiser.
Insel Verlag, 2011. 212 Seiten.
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F. Scott Fitzgerald, am 24. September 1896 in St. Paul (Minnesota) geboren, hatte nach den Studienjahren in Princeton mit 24 Jahren sein Ziel erreicht: Sein erster Roman "Diesseits vom Paradies", 1920 erschienen, machte ihn auf einen Schlag berühmt und reich, mit seiner Frau Zelda stand Fitzgerald im Mittelpunkt von Glanz und Glimmer.
Während seiner Reisen nach Frankreich lernte er in Paris Ernest Hemingway kennen und vollendete dort 1925 sein berühmtestes Werk "Der große Gatsby", das sich zu Lebzeiten allerdings nicht gut verkaufte. Alles endete im schrecklichen Kater der Wirtschaftskrise. Fitzgerald verfiel dem Alkohol und hatte Depressionen. Alkohol, Zank und Geldprobleme zerstörten die Ehe mit Zelda. Um Geld zu verdienen, ging Fitzgerald 1937 als Drehbuchautor nach Hollywood, wo er am 21. Dezember 1940 starb.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Die letzte Schöne des Südens"

In den Jahren 1925 bis 1929 verdiente Fitzgerald mit seinen Kurzgeschichten so viel Geld wie kein Schriftsteller je zuvor - bis der Börsenzusammenbruch den goldenen Jahren ein Ende setzte. "Die letzte Schöne des Südens" ist, wie eigentlich das ganze Fitzgerald'sche Werk, die Vorwegnahme dieser Desillusionierung. Was bleibt, ist die Erinnerung an glamouröse Zeiten und bittersüße Melancholie. (Diogenes)
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"Winterträume"
Geschichten aus der ersten Hälfte der "Roaring Twenties" (1920–1924). "Winterträume" - das sind die Träume, die unter schneebedeckten Landschaften keimen und in der warmen Jahreszeit erblühen; die Illusionen, die vielversprechende junge Männer hegen und mit denen sie egozentrische junge Frauen verführen. Doch ähnlich wie der große Gatsby will Dexter Green nicht wahrhaben, dass selbst auf die rauschendste Sommernacht ein neuer Winter folgt, unter dessen weißer kühler Decke alles wieder verschwindet. Geschichten über Liebe, Geld und Erfolg - und über die Vergänglichkeit des Glücks. (Diogenes)
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"Der letzte Kuss"
In den fünf Jahren vor seinem Tod 1940 geht dem einst so erfolgsverwöhnten Schriftsteller nichts mehr leicht von der Hand. Alkohol, Geldprobleme sowie die Verantwortung für seine Tochter Scottie und für seine Frau Zelda, deren Aufenthalt in der Nervenheilanstalt finanziert werden muss, treiben Fitzgerald nach Hollywood. Dort lebt er als Außenseiter - und schafft doch noch einmal eine Reihe unvergesslicher Geschichten über die nicht mehr so glänzende Glanzzeit Hollywoods. "Der letzte Kuss" erzählt von einer großen Gelegenheit, wie sie nur das Filmgeschäft zu bieten scheint - und die Jim und Pamela verpassen. (Diogenes)
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"Drei Stunden zwischen zwei Flügeln und andere Meistererzählungen" zur Rezension ...

Weitere Lektüretipps:

Zelda Fitzgerald: "Ein Walzer für mich"

In den "Roaring Twenties" war Zelda Fitzgerald der Inbegriff der modernen Frau. "Ein Walzer für mich" ist ein autobiografischer Roman: die Geschichte einer starken Persönlichkeit, die alles daransetzt, sich als Frau und als Tänzerin zu behaupten.
Ihr Name wurde zum Inbegriff einer ganzen Generation. Zelda war die Frau an der Seite des gefeierten Autors F. Scott Fitzgerald, bei jeder Feierlichkeit dabei - eine Schönheit mit Bubikopf und Charleston-Kleid, Muse und Vorbild für etliche Romanfiguren ihres Mannes. Doch die "Frau von" zu sein genügte ihr nicht. Ihre Ehe, so glamourös sie schien, war für sie eine Festung - Sicherheit und Gefängnis zugleich. Um sich daraus zu befreien, arbeitete Zelda an einer eigenen Karriere: als Tänzerin und später als Schriftstellerin. "Ein Walzer für mich" ist die Geschichte der jungen Alabama, die neben einem berühmten Künstler ihren eigenen Lebensweg sucht: mit ihm nach Europa reist, turbulente Monate in Italien und an der Côte d'Azur verbringt und sich in einen französischen Offizier verguckt. Ihre große Leidenschaft gilt jedoch dem Ballett. Denn wie keine andere Kunstform enthält der Tanz das Versprechen von Schwerelosigkeit und Freiheit. "Ein Walzer für mich" darf ganz neu gelesen werden: als Zeitdokument, als anrührende Autobiografie und als sinnlicher Roman - in frischer, poetischer Neuübersetzung.
Zelda Fitzgerald wurde 1900 in Montgomery (Alabama) geboren. 1920 heiratete sie F. Scott Fitzgerald und zog mit ihm nach New York. Zusammen mit der 1921 geborenen Tochter Scottie machte das Paar viele Reisen, u.A. nach Frankreich, nach Italien und in die Schweiz. In Paris nahm sie Ballettstunden bei einer Tänzerin des Djagilew-Balletts. 1930 erlitt sie einen ersten Nervenzusammenbruch, der zur Einweisung in eine Nervenheilanstalt führte. 1948, acht Jahre nach dem Tod ihres Mannes, starb sie bei einem Brand im "Highland Mental Hospital" in Asheville (North Carolina). (Diogenes)
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Michaela Karl: "Wir brechen die 10 Gebote und uns den Hals. Zelda und F. Scott Fitzgerald"
Das Glamourpaar der wilden Zwanziger. Er gab einer Epoche ihren Namen. Sie war die Hauptfigur in all seinen Romanen. Zusammen waren sie das Traumpaar der Ära und der verlorenen Generation: Erfolgsautor F. Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda forderten das Leben heraus, suchten das Glück und endeten in Verzweiflung. Reich und erfolgreich, berüchtigt für ihre verrückten Kapriolen und ihren exzessiven Alkoholgenuss in New York, Paris und an der französischen Riviera waren sie Idole einer Generation. Doch die Schönen wurden zu Verdammten: exaltierter Lebenswandel, Schaffenskrisen und psychische Probleme führten zum Absturz. Der Mythos aber lebt ...
Michaela Karl zeichnet in dieser Biografie das faszinierende Bild einer Epoche und zweier Menschen, deren Leben Literatur wurde. (Residenz Verlag)
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Pietro Citati: "Schön und verdammt. Ein biografischer Essay über Zelda und F. Scott Fitzgerald"
Ihr Leben widerspiegelt die Zeit der "Roaring Twenties" und der anschließenden Weltwirtschaftskrise wie kein anderes. Zusammen erlebten Zelda und Scott Aufstieg und Fall, Rausch und Kater einer ganzen Epoche.
"Ich hätte Material für eine Biographie von 350 Seiten gehabt. Doch ich entschied mich für die kürzestmögliche Form, da Fitzgerald, wie Kafka, einer der Erfinder der modernen Kunst des Weglassens ist."
Abwechselnd Zelda und Scott porträtierend, nähert sich Pietro Citati dem glamourösen Paar an: wie sie sich kennenlernen und verlieben - sie: die Südstaatenschönheit, er: der attraktive, ehrgeizige junge Mann aus dem Mittleren Westen; wie sie in New York die Nächte durchtanzen, trunken vom frühen Ruhm, den Scotts Romane und Erzählungen ihnen verschaffen; wie sie sich schon bald nach der Geburt ihrer Tochter Scottie gegenseitig kritisieren; wie sie nach Europa reisen, nach Paris und an die Côte d'Azur; wie Scott mehr und mehr dem Alkohol verfällt und Zelda in die Nervenheilanstalt eingeliefert wird; wie sich letztlich ihre Wege trennen und sie sich erst recht füreinander verantwortlich fühlen.
Einfühlsam und ohne Partei zu ergreifen zeichnet Pietro Citati mit wenigen, gekonnten Strichen das Leben zweier Verzweifelter, die sich gefunden haben und nicht mehr voneinander lassen können, im Guten wie im Schlechten. (Diogenes)
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