Mo Yan: "Das rote Kornfeld"


Eine Familie am Übergang vom traditionellen zum modernen China

Dieser Roman erschien in der Volksrepublik China in gekürzter Form erstmals im Jahr 1987, die erste deutsche Übersetzung wurde im Jahr 1993 veröffentlicht. Es handelt sich dabei um jenes Buch, das Mo Yans weltweiten Ruhm begründen sollte und das 1988 von dem bekannten Regisseur und Choreografen Zhang Yimou verfilmt wurde; im selben Jahr, in dem auch die ungekürzte Fassung auf dem chinesischen Markt erschien, die dieser Bearbeitung zugrunde liegt. Auch der Film hat einige Preise gewonnen.

Das Buch erzählt wohl die Familiengeschichte des Ich-Erzählers und versteht sich dabei als Verneigung vor den Vorfahren, die in wesentlich härteren Zeiten viel heroischer gewesen sein sollen als es die Menschen heutzutage sind.

Beginnend kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wird in immer wieder wechselnden Zeitebenen berichtet, wie sich die Einwohner der Provinz Nordost-Gaomi den Herausforderungen des Lebens in der damaligen Zeit stellten und vor allen Dingen auch, wie sie sich in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den einmarschierenden japanischen Truppen bewähren.

Doch die Japaner sind nicht die einzige Bedrohung in dieser Zeit. Auch das alte Kulturdenken, z.B. das Binden der Frauenfüße, rebellische Boxer, die sich für unverwundbar halten, böse Nachbarn und riesige Rudel wilder und verwilderter Hunde machen den Menschen das Leben überaus schwer und fordern ihnen alles ab.

Die Darstellung des ländlichen Lebens wirkt in "Das rote Kronfeld" bereits überaus "plastisch", so dass man sich aufgrund der Beschreibungen auch die unangenehmsten Momente nur allzu gut vorstellen kann. Das gilt sowohl für die damaligen Lebensumstände auf dem Land wie auch für die Darstellungen von Körpergerichtsbarkeit, ebenso von kriegerischen Auseinandersetzungen der Menschen untereinander und auch mit den Hunden.
Das sollte man wissen, bevor man sich irgendein von Mo Yan geschriebenes Buch zulegt, denn diese sehr deutliche Form der Abbildung stellt gewissermaßen sein Markenzeichen dar.

Die Geschichten - und die Geschichte -, die dieses Buch ausmachen, sind interessant und zeigen dem Leser auf eindringliche Weise, wie anders die Welt in China zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch war.

Die Zeitsprünge innerhalb der Geschichte sind ziemlich gewöhnungsbedürftig, auch weil innerhalb dieser Sprünge immer wieder Bezüge zu anderen Zeiten hergestellt werden, so dass man "Das rote Kornfeld" nicht "nebenher" lesen kann. Man muss sich sowohl auf den Titel als auch auf die verschiedenen Zeitstufen sowie ein umfangreiches Personal einstellen, um mit der Lektüre wirklich zurechtzukommen. Dies zeigt sich besonders gegen Ende des Buches deutlich, wenn man stellenweise das Gefühl bekommt, die gesamte Geschichte zerfasere ein wenig. Abgesehen davon ist "Das rote Kornfeld" jedoch weitestgehend narrativ und informativ eine bereichernde Leseerfahrung, wobei die neueren Werke Mo Yans deutlich zeigen, dass er sich noch weiterentwickelt hat.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2009)


Mo Yan: "Das rote Kornfeld"
(Originaltitel "Hong gaoliang jiazu")
Deutsch von Peter Weber-Schäfer.
Unionsverlag, 2007. 490 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen