Richard Wilhelm, C.G. Jung: "Geheimnis der Goldenen Blüte"

Das Buch von Bewusstsein und Leben


In diesem Klassiker der östlichen Weisheitsliteratur werden zwei zentrale Quellen der alten chinesischen Ganzheitslehre vorgestellt

Das "Geheimnis der Goldenen Blüte" wurde bereits viele Male in unterschiedlicher Form im westlichen Raum veröffentlicht, seit der Sinologe, Theologe und Missionar Richard Wilhelm (1873-1930) die erste Übersetzung aus dem Chinesischen zusammen mit C.G. Jung, der ein ausführliches Vorwort dazu schrieb, es erstmals 1929 herausbrachte. Das Vorwort zeigt dabei, wie weit Jungs spätere Arbeit - speziell zur Individuationstheorie - bereits zu diesem Zeitpunkt gediehen gewesen sein muss und lässt fabelhaft darüber spekulieren, wie sehr die endgültige Fassung von der Zusammenarbeit mit Wilhelm beeinflusst wurde.

In der vorliegenden Fassung findet sich zunächst die umfassende Einführung durch C.G. Jung, gefolgt von Wilhelms Übersetzung und Erläuterung des "Tai I Gin Hua Dschung Dschi" (die moderne Piyin-Übertragung läse sich ein wenig anders), also der "Schulprinzipien der Goldenen Blüte" nach Meister Lü Dsu. Hier werden einige Grundlagen der taoistischen Meditation dargelegt, mit denen allerdings ein Laie wenig anfangen können wird, und selbst viele Fortgeschrittene werden wenig damit anfangen können. Wilhelms Erläuterungen dazu halfen beim Verständnis, da er sich aber selbst gerne ein wenig mystifizierend ausdrückte, ist das Verständnis hier schon erschwert.

Dann folgt im nächsten Teil das von L.C Lo und Richard Wilhelm übersetzte "Hui Ming Ging", "Das Buch von Bewusstsein und Leben", welches einige Elemente des "Geheimnisses der Goldenen Blüte" erweitert und noch stärker mit dem "I Ging" in Verbindung bringt. Hier finden sich auch einige erläuternde Zeichnungen zu den Texten, die seit der ersten Ausgabe von 1929 nicht in allen Editionen enthalten waren.

Im breit angelegten Nachwort zur Neuausgabe wird sehr detailliert auf die Editionsgeschichte dieses Werkes eingegangen, wobei besonders interessant erscheint, dass der Text um etwa ein Drittel erweitert wurde, das Richard Wilhelm seinerzeit nicht zugänglich war und das von Dr. Barbara Hendrischke möglichst nah am Stil von Wilhelm übersetzt wurde. Außerdem finden sich im Anhang Kommentare von Jung und Wilhelm selbst zu diesem Buch und zu ihrer Zusammenarbeit sowie eine Würdigung durch Erwin Rousselle.

Wie das Nachwort feststellt, ist dieser Text in der vorliegenden Übersetzung in erster Linie ein Zeitspiegel der Taoismusrezeption in ihren Anfängen, und Wilhelm und Jung lagen sonst wenige Quellen vor, was für heutige Forschende zum Glück nicht mehr der Fall ist. Eine neue - kritische - Übersetzung in weniger mystifizierender Sprache wäre sicherlich ein interessantes Projekt um die beiden Texte insgesamt zugänglicher für den zeitgenössischen Leser zu machen - wie zum Beispiel schon bei der Titelwahl des Eingangstextes. Trotzdem ist "Geheimnis der Goldenen Blüte" wohl immer noch ein Grundlagentext einer jeden Bibliothek zur taoistischen Literatur, genau wie auch das "Hui Ming Ging".

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2009)


Richard Wilhelm, C.G. Jung: "Geheimnis der Goldenen Blüte. Das Buch von Bewusstsein und Leben"
Diederichs Gelbe Reihe, 2005. 191 Seiten.
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