Volker Seitz: "Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann"

Mit einem Vorwort von Rupert Neudeck


Der Autor des vorliegenden Buches weiß, wovon er spricht. Mehr als siebzehn Jahre lang war Volker Seitz als Diplomat der Bundesrepublik Deutschland auf verschiedenen Posten in Afrika. Zuletzt war er Botschafter in Kamerun.

Direkt vor Ort konnte er genau verfolgen und analysieren, welche katastrophalen Ergebnisse eine Form der Entwicklungspolitik seit den 1970er-Jahren (vgl. Erhard Epplers aufrüttelndes Buch "Ende oder Wende" 1975, das für lange Zeit die Maßstäbe setzte) gezeitigt hat, bei der schon das Wort selbst einem falschen Denken entsprang, das sich mehr auf Barmherzigkeit und Überlegenheit stützte, als auf den Gedanken, dass die afrikanischen Länder wirklich selbstständig werden könnten. Zu lange auch hat man geflissentlich übersehen, dass zwei der wesentlichen Probleme Misswirtschaft und Korruption unter den afrikanischen Eliten waren und noch immer sind.

Mit immer größer und auch teurer werdenden Tagungen sowie Konferenzen versuchte man über lange Zeit, Probleme in den Griff zu bekommen, deren Wurzeln ganz woanders lagen. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges, dessen Scheidungen sich negativ über den afrikanischen Kontinent gelegt hatten, kehrte keine Besserung ein. Im Gegenteil, während die Anstrengungen, gerade auch in Deutschland scheinbar zunahmen, wurden ihre Ergebnisse vor Ort immer mehr konterkariert.

Schon vor einigen Jahren haben Journalisten die herrschende Praxis und Ideologie der Entwicklungspolitik scharf kritisiert und deren Ende ausgerufen. Volker Seitz' Buch setzt in dieser Debatte neue Maßstäbe, an denen niemand vor beikann, der an ihr kompetent und weiterführend teilnehmen möchte.

Es ist eine schonungslose Analyse und eine hoffnungsvolle Perspektive gleichermaßen. Viele sinnvolle Vorschläge werden gemacht, bei denen die Philosophie des "Weniger ist Mehr" immer wieder durchscheint. Afrika ist nicht nur reich an Rohstoffen, sondern sein eigentlicher Reichtum sind die Menschen und die reichen Kulturen, aus denen sie stammen. Wichtig ist, mehr auf sie zu hören, auf die kleinen Bauern, denen man mit Kleinkrediten helfen kann, auf die Frauen, die unterstützt werden müssen. Mindestens genauso wichtig ist, die Herrschaft der Machteliten zu brechen und die Korruption zu bekämpfen, die sich wie ein Schatten über die afrikanischen Länder gelegt hat und sie zu erwürgen droht.

Sechs Wahrheiten formuliert der Autor am Ende seines Buches, "sechs Wahrheiten zur Entwicklungspolitik:
         1. Malaisen in Afrika dürfen nicht schön geredet werden
         2. Erfolg muss überprüft werden
         3. Auch die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen sollte regelmäßig überprüft werden
         4. Wir sollten so wenig Geld wie irgend möglich und nur so viel wie dringend nötig fließen lassen
         5. Eine schlechte Regierungsführung muss Folgen haben.
         6. Die Schlüsselrolle im Kampf gegen die Armut müssen die afrikanischen Regierungen selbst übernehmen."


Das alles klingt gegenüber der bisherigen Politik politisch absolut unkorrekt, und das ist es auch. Und dennoch ist es alles Andere als die Aufgabe eines Kontinents. Volker Seitz liebt Afrika und schätzt seine Ressourcen, vor allem im menschlichen und kulturellen Bereich. Er gibt Afrika nicht verloren, sondern will Afrika ihm verlorengegangene Aufgaben und Verantwortungen zuweisen, die über lange Zeit durch eine "barmherzige" und gerade deshalb abhängig machende Entwicklungspolitik von Anderen scheinheilig getragen wurden.

"Afrika wird arm regiert" ist ein Buch, das wie Rupert Neudeck in seinem Vorwort sagt, "dem Gebäude der Entwicklungshilfe den letzten Stoß gibt." Es ist nicht schade um diese Form der Barmherzigkeit. Der Rezensent stellt sich nur vor, wie der Kontinent heute aussehen und was er in der Welt darstellen könnte, hätte man all dies früher erkannt.

(Winfried Stanzick; 12/2009)


Volker Seitz: "Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann"
Mit einem Vorwort von Rupert Neudeck.
dtv premium, 2009. 215 Seiten.
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