Harriet Beinfield, Efrem Korngold: "Traditionelle Chinesische Medizin"

Grundlagen - Typenlehre - Therapie


Immer mehr Menschen interessieren sich für die sogenannte Traditionelle Chinesische Medizin als Alternative oder Ergänzung zur westlichen Medizin. Unzutreffenderweise wird dieser Bereich häufig in die Nähe mittelalterlicher Medizin z.B. einer Hildegard von Bingen gerückt, was der TCM wahrlich nicht gerecht wird, weil die diese in ihren Quellen wesentlich älter ist und auf eine nahezu ununterbrochene Erfahrungs- und Entwicklungslinie zurückschauen kann. Dabei wird die westliche Medizin als eine Quelle neuer Ideen betrachtet.

Das Autorenehepaar hat selbst eine "klassisch-westliche" medizinische Ausbildung, die zum Teil sogar auf einem entsprechenden familiären Hintergrund beruht. Ihren Weg von diesen Quellen zur chinesischen Medizin zeigen die Autoren als Erstes im gegenständlich besprochenen Buch auf, wobei sie den Gegensatz vom Arzt als Mechaniker oder Gärtner aufstellen. Diese Haltung durchzieht im Weiteren das gesamte Buch und beschreibt die westliche Medizin als sehr mechanistisch, unflexibel und inhuman, der die wesentlich menschenfreundlichere chinesische Medizin gegenübersteht. Zwar wird im Ratgeber zwischendurch eine Komplementarität der beiden Richtungen angedacht, jedoch nicht durchgehalten.

Im weiteren Verlauf des ersten Teils werden einige Betrachtungsgrundlagen der chinesischen Medizin und Philosophie vorgestellt, wie das Yin-Yang-Prinzip, das Qi, die Aufgaben das Arztes in der Diagnose und Therapie, sowie das von den Autoren so genannte Fünf-Phasen-Modell, das eigentlich genauer die Wandlungsphasen der fünf Elemente in ihren Verknüpfungen näher beschreibt. Diese Darstellungen mögen dem Laien einigermaßen zugänglich sein, es gibt aber wesentlich eingängigere und tiefergehende Darstellungen dieser Zusammenhänge.

Im zweiten Teil werden die fünf Element-Typen an Fallbeispielen aus der therapeutischen Praxis deutlicher hervorgehoben, wobei auch typische Störungen von Funktionskreisen bei den einzelnen Typen dargestellt werden. Hierbei gibt es zudem allgemeine grafische Übersichten und Wege der Behandlungen, die es ermöglichen, sich als Leser selbst in das Modell einzuordnen und eventuelle Symptome, die man aufweist, bereits bestimmten Ungleichgewichten in den Wandlungsphasen zuzuordnen. Dieser Teil ist sehr anschaulich und für Laien wie für Profis gleichermaßen sicherlich von Nutzen.

Im dritten und letzten Teil geht es um die Therapie. Dabei haben sich die Autoren auf drei große Felder gestürzt, nämlich die Akupunktur, mit dem Nebenfeld der Akupressur und der Tainu-Massage, wobei Letztere leider nur sehr am Rande erwähnt wird, die Kräuterkunde und die allgemeine Ernährungslehre. Die Ausführungen zur Akupunktur und Akupressur sind dabei recht ausführlich und interessant, und die Autoren bieten dem Leser auch eine "Akupressur-Hausapotheke" an, die sich durchaus sinnvoll einsetzen lässt und für sich genommen schon ein ganz gutes Argument für die Anschaffung des Buches darstellt.

Die Kräuterkunde gibt eine allgemeine Übersicht, ist aber in Europa nicht unbedingt uneingeschränkt zu verwenden, weil die darin angegebenen chinesischen Kräuter nicht unbedingt leicht erhältlich sind, denn die "europäischen Chinesen" kommen auch aus anderen Gegenden als die "us-amerikanischen" und haben deswegen andere Kräutertraditionen. Dieses Problem ergibt sich natürlich auch im Bereich der Ernährungslehre. Zum Teil wird diesem Problem begegnet, indem die Autorem auf "Fertigprodukte" und deren Anwendungsgebiete hinweisen, wobei man im Einzelnen überprüfen muss, was davon wirklich in Europa erhältlich wäre. Welche Abstriche man bei diesen Mitteln gegenüber individuell abgestimmten Präparaten machen muss, zeigen die Autoren auf. Aber das hindert sie offensichtlich nicht daran, eigene Präparate herzustellen und zu vertreiben. Und so ist der Kräuterkundebereich sehr lobhudelnd in Bezug auf Wirksamkeit und fehlende Nebenwirkungen, weil dies zum Teil auch die Werbeabteilung des Buches ist - was die Bedeutung der chinesischen Kräuterkunde freilich nicht in Frage stellen sollte.

Geglückt ist in diesem Bereich die Darstellung der Unterschiede von Präparaten bezogen auf die Element-Typen der zu Behandelnden, die mit anschaulichen Grafiken unterstützt werden.

Irritierend ist allerdings, dass ein anderer wichtiger Aspekt der chinesischen Medizin nicht weiter behandelt wird. Anders als die Autoren sagen, gehen nämlich viele chinesische Ärzte schon davon aus, dass die Patienten für ihre Erkrankung mit verantwortlich sind und deswegen auch selbst daran arbeiten müssen. Und so spielen in der Therapie Taiji und Qigong eine große Rolle, die in diesem Buch sehr stark vernachlässigt wird.

Fazit:
Für Anfänger ist dieser Ratgeber nach Meinung des Rezensenten überhaupt nicht empfehlenswert, weil er keine fundierte Einführung in die chinesische Medizin bietet. Für Erfahrene sind die zusammenfassenden Darstellungen und Grafiken sicherlich Arbeitshilfen, welche die Anschaffung lohnen können. Dieser Zielgruppe fällt es bei der Lektüre verständlicherweise wesentlich leichter, die Spreu vom Weizen trennen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2008)


Harriet Beinfield, Efrem Korngold: "Traditionelle Chinesische Medizin. Grundlagen - Typenlehre - Therapie"
Übersetzer: Stephan Schuhmacher.
dtv. 504 Seiten.
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Efrem Korngold studierte Traditionelle Chinesische Medizin am Kunming Research Institute und am Shanghai College of Medicine. Er lehrte am San Francisco College of Acupuncture.
Harriet Beinfield, seine Ehefrau, studierte TCM am College of Traditional Acupuncture in England.

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Obwohl die Traditionelle Chinesische Medizin (kurz: TCM) immer mehr Anerkennung genießt, wissen die Wenigsten genau, was alles zur TCM gehört, wie ein TCM-Praktiker in der Behandlung vorgeht oder was der Patient selbst tun kann. Diese Fragen werden in dem umfassenden Ratgeber ausführlich und übersichtlich beantwortet. Nach einer Einführung in Philosophie und Grundbegriffe werden die spezifischen diagnostischen Methoden der TCM erklärt. Nur aufgrund dieser kann das Beschwerdebild als so genanntes Disharmoniemuster beschrieben werden, das wiederum grundlegend ist für die passende Behandlungsstrategie. Von den verschiedenen Therapieformen wie Akupunktur, Moxibustion, Arzneimittelkunde, Diätetik oder Qi-Gong erfährt der Leser sowohl, wie sie funktionieren, als auch wie hoch der Zeit- und Kostenaufwand ungefähr ist. Im Beschwerdenkapitel geht der Autor schließlich auf die Behandlung gängiger Krankheitsbilder ein, wobei er hier die Möglichkeiten der Selbstbehandlung besonders hervorhebt. (Graefe und Unzer Verlag)
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Christopher A. Weidner, Sui Xiang Dong: "Der Feng Shui Doktor. Ganzheitlich gesund mit dem traditionellen chinesischen Heilwissen"
Laut Feng Shui bedeutet Gesundheit, dass die Lebensenergie Qi im Körper fließen kann und mit der Umwelt verbunden ist. Dieser Ratgeber stellt wirkungsvolle Maßnahmen aus dem Feng Shui vor, die dabei helfen, Energieblockaden aufzulösen und ganzheitliche Gesundheit zu erreichen. So gleicht z.B. eine Umgestaltung von Wohnräumen körperliche Schwachpunkte aus. Weitere Säulen auf dem Weg zur Gesundheit sind eine ausgewogene Ernährung sowie einfache Qi-Gong- und Atemübungen. Anhand eines Tests kann der Leser seinen Feng-Shui-Typ nach den chinesischen Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser ermitteln. Für jeden Typ lässt sich aus verschiedenen Bausteinen ein individuelles Gesundheitsprogramm zusammenstellen. (Knaur)
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Giovanni Maciocia: "Grundlagen der chinesischen Medizin"
Inhaltsverzeichnis:
Teil 1: Theoretische Grundlagen. Einführung. Yin-Yang..Die 5 Elemente. Die Substanzen. Die Umwandlung von Qi.
Teil 2: Die Funktionen der inneren Organe.
Einführung.
Abschnitt 1: Funktionen der Yin-Organe.
Einführung. Funktionen des Herzens. Funktionen der Leber. Funktionen der Lunge. Funktionen der Milz. Funktionen der Nieren. Funktionen des Perikards. Wechselbeziehungen zwischen den Yin-Organen. Abschnitt 2: Funktionen der Yang-Organe. Einführung. Funktionen des Magens. Funktionen des Dünndarms. Funktionen des Dickdarms. Funktionen der Gallenblase. Funktionen der Blase. Funktionen des Dreifachen Erwärmers.
Abschnitt 3: Funktionen der 6 außerordentlichen Yang Organe. Einführung. Uterus - Gehirn - Mark - Knochen - Blutgefäße - Gallenblase.
Teil 3: Ursachen von Krankheit.
Einführung. Innere Ursachen von Krankheit. Äußere Ursachen von Krankheit. Verschiedene Ursachen von Krankheit.
Teil 4: Diagnose.
Einführung. Diagnose durch Beobachten. Diagnose durch Befragen. Diagnose durch Tasten. Diagnose durch Hören und Riechen.
Teil 5: Pathologie.
Einführung. Pathologie von Fülle- und Leere-Zuständen. Pathologie von Yin-Yang Imbalancen. Pathologie von Qi.
Teil 6: Erkennen von Krankheitsmustern.
Abschnitt 1: Erkennen von Krankheitsmustern nach den 8 Prinzipien und Qi, Blut und Körperflüssigkeiten.
Abschnitt 2: Erkennen von Krankheitsmustern nach den inneren Organen. Einführung. Herz-Muster. Perikard-Muster. Leber-Muster. Lungen-Muster. Milz-Muster. Nieren-Muster. Magen-Muster. Dünndarm-Muster. Dickdarm-Muster. Gallenblasen-Muster. Blasen-Muster.
Abschnitt 3: Erkennen von Krankheitsmustern nach den pathogenen Faktoren. Erkennen von Krankheitsmustern nach den 6 Stadien. Erkennen von Krankheitsmustern nach den 4 Schichten. Erkennen von Krankheitsmustern des Dreierwärmers.
Abschnitt 4: Erkennen von Krankheitsmustern der 12 Leitbahnen, der 8 Außerordentlichen Leitbahnen und der Fünf Elemente.
Teil 7: Die Akupunkturpunkte.
Abschnitt 1: Punktekategorien. Die Fünf Transportpunkte. Weitere Punktkategorien. Die Außerordentlichen Gefäße.
Abschnitt 2: Die Funktion der Akupunkturpunkte. Einführung. Lungen-Meridian, Dickdarm-Meridian, Magen-Meridian, Milz-Meridian, Herz-Meridian, Dünndarm-Meridian, Blasen-Meridian, Nieren-Meridian, Perikard-Meridian, Dreifacher-Erwärmer, Gallenblasen-Meridian, Leber-Meridian, Konzeptsionsgefäß, Lenkergefäß, Extrapunkte.
Teil 8: Prinzipien der Behandlung. Prinzipien der Kombination von Akupunkturpunkten.
Anhang: Rezepturen, Glossar, Bibliografie, Dynastien in China. (Urban & Fischer bei Elsevier)
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Shi Chun Wen, Lijun Zhuo: "Mit TCM gesünder leben. Zufriedenheit und Lebensqualität für den Alltag"
Der Mensch ist ein organisches Ganzes, und Mensch und Natur bilden ein Ganzes.
Nicht nur die einzelnen Körperteile kommunizieren miteinander und sind voneinander abhängig, der Mensch steht auch in ständiger Beziehung und Abhängigkeit zu seiner Umwelt, seinem sozialen Umfeld und seiner Psyche.
Nur wenn diese vielfältigen Faktoren in ausgewogener Beziehung zueinander stehen, befindet sich der Mensch im harmonischen Gleichgewicht, fühlt sich wohl und gilt daher als gesund.
Dieses Buch gibt nach einem Überblick über die Denkweise, die Diagnose- und Behandlungsmethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) für jeden Laien verständliche Anweisungen zur Gesunderhaltung bzw. zur Heilung einfacher Erkrankungen und Alltagsbeschwerden.
Anhand von Symptomen werden Krankheiten aufgezeigt und Behandlungsvorschläge gemacht: Von einfachen Tipps über Kräutermischungen, Kräutertees, Nahrungsmittelempfehlungen und Kochrezepten für einfache Speisen bis zur Bewegungstherapie der TCM-Meridianbewegungen. (Springer)
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