ANSICHTEN EINES ZYNIKERS

von Rihno Rhinozeros

 

Was passierte am 11. September 2001? - 5000 und vielleicht auch noch mehr Menschen starben auf einem Erdteil - diesmal halt in Amerika! Und?! - Dass Menschen sterben, ist das was außergewöhnliches, frage ich da dreist? Verhungern, verdursten, verrecken nicht täglich viel mehr Menschen auf dieser Welt, ohne mediales Spektakel sämtlicher TV - Kanäle und ihrer Sondersendungen, ohne dass ihnen dabei jemals (oder vielleicht nur einmal in einem Jahrzehnt ) solche Lieder gewidmet werden, wie jenes berühmte, und in diesem Zusammenhang wohl einen besonderen Sinn erhaltende, "We are the world".

Natürlich, man ist vielleicht ein Zyniker, doch beileibe kein Unmensch, - und gerade deshalb meine ich, dass man zumindest auf die Opfer von New York, Washington und Pittsburgh getrost hätte verzichten können. Aber warum macht man um diese Toten soviel Aufhebens - etwa weil es Wallstreetamerikaner waren und nicht vom Hunger aufgeblähte Irgendwelche? Zynisch sind wir doch alle, die wir die Flaggen auf Halbmast hängen, Sportveranstaltungen und Konzerte absagen, die wir so tun, als ob Sterben an einem 11. September so etwas ungewöhnliches sei. Wer kann dem ein logisches Argument entgegensetzen, dass den meisten von uns die Toten von Manhatten genau so unbekannt sind, wie die täglich Verhungerten, von Minen Zerfetzten, an Epidemien, Aids, und was weiß ich noch, Sterbenden. Wer sind dann die Zyniker - ich oder ihr, die ihr jetzt nämlich entsetzt aufschreit und sagt: Wie kann man denn nur - natürlich, wie könnt ihr denn wirklich so herzlos sein, die - wenn in letzter Konsequenz wirklich nur die Verwandten betreffenden - Toten des Terroranschlages zu betrauern, die täglich Sterbenden aber einfach schulterzuckend zur Kenntnis zu nehmen. Aber vielleicht haben diese fanatisierten Mordbuben die "Unglücklichen" von Manhattan und Washington - unter anderem - auch aus diesen Überlegungen umgebracht; denn,dass die Menschen in den meisten islamischen Ländern kaum an Wohlstandsverfettung und überhöhtem Cholesterinspiegel leiden, ist ja wohl mittlerweile auch dem dicksten Ham- und / oder Cheeseburger -Vernichter bekannt. Aber das, was den Menschen in diesen "Armenhäusern der Welt" an täglichen Kalorien fehlt. haben sie wohl mehr an Überzeugungen - auch wenn diese uns völlig fehlgeleitet zu sein scheinen, auch wenn unsere westlichen Psychologen - wie im Falle der "Kamikazepiloten - Psychogramme von seelischen und sozialer Asthenikern erstellen.
Ja, auf folgendes nämlich, läuft es hinaus: Wir stecken mitten in einem "Krieg der (Lebens-) kulturen": Hier wir, die Zivilisierten, die Globalisierten, die Demokraten und da die finsteren Barbaren des Mittelalters, die Gotteskriegers, die menschlichen Bomben - aber Moment mal! Was sind denn unsere Überzeugungen wirklich noch wert?! An was glauben wir denn eigentlich noch wirklich, was sind denn die Symbole unserer Überzeugungen? - Annähernd halbe Kilometer hohe Monsterbauten aus Glas und Stahlbeton?
Gab es da vor Jahren nicht auch einen Präsidenten namens George Bush, den Älteren, der nach dem Golfkrieg behauptete, dass Wohlstand und Demokratie nun auch in den "bekriegten" Ländern Einzug halten müsse, auf dass es allen wohl ergehe hier auf Erden und was wurde daraus wirklich? Sind die Ölscheichs in Kuwait nun deshalb wirklich bessere Menschen geworden? Und basiert nicht das sogenannte "humanistische" westliche System darauf, dass wir nur deshalb immer fetter werden können, je ärmer die Armen werden; deshalb meine ich, zerstören wir nur fleißig alles zwischen Kuwait und Belgrad, um dann - unter Gewährung großzügiger Kredite und Schaffung neuer Arbeitsplätze für uns - alles wieder aufzubauen.

Es ist ja wirklich ein Glück, dass sich - wenn auch auf nicht gerade eindeutige Art und Weise- Mister George Bush, diesmal der Jüngere, gegen Al Gore durchgesetzt hat. Denn nun haben wir wenigstens eine richtige Galionsfigur für unseren Kreuzzug gegen die finsteren Korankämpfer. Nicht auszudenken, wenn nun statt des rachelüsternen Texaners Bush, Al Gore an der Macht gewesen wäre! Der wäre doch vielleicht glatt im Stande gewesen, im letzten, im entscheidenden Moment, doch noch die Bremse anzuziehen und nicht aufs Ganze zu gehen. Da ist George schon ein ganz anderes Kaliber: Er gibt den Amerikanern bereitwillig, wo nach der niedrigste Instinkt dürstet, nämlich Rache! Es kann einem ganz schön mulmig zumute werden, wenn man hört, dass nahezu 75% der Amerikaner den bewaffneten Konflikt gegen die - mutmaßlichen wohlgemerkt - Drahtzieher der Terrorakte geradezu freudig erregt begrüßen. Und es mutet dann schon fast tragisch - grotesk an, wenn uns anschließend CNN Bilder des amerikanischen Aufmarsches zeigt und beim nächsten Schnitt, die auf Esels - und Ziegenkarren flüchtenden Afghanen. Ja, diese Afghanen, die elendig Armen, vom Krieg gegen den anderen vormaligen Giganten Sowjetunion, und nachher im Bürgerkrieg gegen die Gottesstaatsfans der Taliban zermürbte Bevölkerung und nicht die Taliban. Aber auch die Taliban scheinen nicht unbedingt einen besonders widerstandsfähigen Eindruck zu machen: Ein paar Frauen zu steinigen, die Lackierung von weiblichen Fingernägeln schnell und einfach mittels Abtrennung des Fingers zu entfernen und Homosexuelle bei lebendigem Leibe zu begraben ist eines, Cruise und Tomahawkraketen, Deltaforces und Stealthbombern zu trotzen, ist schon wieder was ganz anderes!

Terrorismusbekämpfung hört man jetzt allerorts! Aber wer mit Kanonen auf Spatzen schießt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er diese Beute dann nicht einmal verzehren kann!
Wie wäre es denn einmal damit, sich wirklich um politische Lösungen zu kümmern? Ja, auch wenn es vielleicht schmerzhaft sein könnte, und es dann in Amerika vielleicht wirklich einmal zu Benzinpreiserhöhungen kommen könnte. Wäre ein solcher Preis denn zu hoch? Wenn wir schon die angeblich Zivilisierten sind, dann leben wir es ihnen einfach einmal vor. Gut möglich, dass dergestalt auch in diesen "hochfanatisierten" Breiten als nicht unerwünschte Nebenwirkung eine "Defanatisierung" eintreten würde. Denn wir machen es uns wohl gar zu leicht, indem wir sagen, die Typen der Todesflieger sind einfach nur kranke Habnichtse, die ja sowie so nichts zu verlieren haben, und uns deswegen auf vielerlei Arten den Tod an den Hals wünschen und uns leider nicht zu selten auch bringen. Könnte ja gut möglich sein, dass unter veränderten Umständen dann auch dort die Religion möglicherweise zu einer Verfeinerung des Menschen beiträgt und nicht zu seiner Brutalisierung!
Und was machen wir mit den Unbelehrbaren, wie dem berühmten und berüchtigten Herren Osama bin Laden? Wenn der nämlich der Verantwortliche ist. Den soll er sich nur holen, der Herr Bush, - meinetwegen tot oder auch lebendig!

Also Mr. Bush, wache auf und lerne dabei auch deine Feinde gut kennen. Wie du siehst, ist es manchmal sogar notwendig den Namen des pakistanischen Machthabers zu wissen. Schon ist vieles - vor allem Menschenleben - verloren, aber noch nicht alles. Noch kannst du, Amerika, zeigen, was du wirklich drauf hast! Überlege und plane gut und schnapp dir den bärtigen Finstermann (wenn er es war), aber alles mit Bedacht! Wir haben ja Verständnis für euren Schmerz, nicht aber für eure Wut, denn die war noch nie ein guter Ratgeber!
Aber wehe, Amerika, wenn du überall dort, wo du deine Feinde vermutest, alles mit bloßer militärischer Brachialgewalt niederzuwalzen suchst. Es wird dir gelingen, deine Feinde in die Steinzeit zurück zu bomben, keine Frage! Doch sei dir gewiss, dass du mit jenem Credo, Aug um Aug, Zahn um Zahn - zumindest moralisch gesehen - von selbiger Steinzeit nicht viel weiter entfernt bist als die von dir Vernichteten!