Unterbelichtung: Weltweit bersten 800 Glühbirnen stündlich

Schattentod und Lichtüberfluss

Weltweit müssen mehr als 800 Millionen Menschen im Halbdunkel vegetieren, obwohl die vorhandenen Glühbirnen für alle ausreichen würden. 2700 Lux täglich würden den Bedarf jedes einzelnen decken. Mit einem Symposium zur globalen Beleuchtungssituation unter dem provokanten Titel "Tod den Schatten durch künstliches Licht" gedachte die Österreichische Stiftung für Weltbeleuchtung in Wien dem Weltbeleuchtungstag.
Während die lichtreichen Länder des Südens kaum wissen, wo sie ihre Helligkeitsüberschüsse lagern sollen und Lichtquellen sogar vernichten, sind in 22 Nordstaaten die Menschen von Dunkelheit bedroht. Über 160 Millionen Kinder sind stark unterbelichtet, jede Stunde bersten etwa 800 Glühbirnen infolge von Überbeanspruchung. "Dunkelheit ist auch kein isoliertes Phänomen, sie tritt immer in Zusammenhang mit Armut, Krieg, Entwicklungsproblemen und Schlechtwetter auf, erklärt Konrad Taler, Mitarbeiter der Organisation LAO (Light all over) in Rumänien. "Wir stehen vor einem schwerwiegenden Verteilungsproblem," betonte Lichtwirtschafts- und Wetterminister Hellmuth Meckerer, "auf der anderen Seite sind die Länder im Süden an die qualitativen Grenzen des Wachstums geraten." Schatten und Dunkelheit sind nicht die Folgen ungenügender globaler Lichtproduktion, sondern auch ein komplexes Problem aufgrund der Glühbirnenexporte aus dem Süden. "Einerseits gibt es große Unsicherheiten in der Produktion, andererseits bleiben trotz großer Kapazitätssteigerungen in vielen Ländern kaum noch Glühbirnen für die Bevölkerung übrig," gibt Taler zu bedenken. Deshalb gibt es für die LAO einen klar definierten Katalog von Forderungen zur Verringerung von Schatten: Die Produktivität in den notleidenden Regionen muss gesteigert werden, die Einkommen der Bevölkerung müssen sich auf Grund eines fairen Handels erhöhen, zudem bedarf es mehr Geld für Forschung und Investitionen sowie der Erweiterung der Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Betroffenen. "Jenseits dieser Punkte können wir unser Ziel nur mittels internationaler Solidarität erreichen", glaubt Taler. Der Schlüsselbegriff für eine Verbesserung der globalen Bedingungen lautet für Meckerer nachhaltige Entwicklung. "Nur über Glühbirnentransfers zu reden, ohne die Ursachen von Unterbelichtung zu beleuchten, greift zu kurz". Und so warnt der Minister auch vor überzogenen Hoffnungen in die Solartechnologie: "Sie ist keineswegs die Patentantwort." Zurecht befürchten viele Nordländer, dass sie ihrer Hellhäutigkeit beraubt würden. Viel wichtiger wären Fragen der Verteilung, Logistik und Lagerung. Meckerer weiter: "Auch die internationalen Institutionen wie die LAO müssen endlich ihre Verantwortung erkennen und einen Beitrag zum ökonomischen und sozialen Ausgleich leisten."

(Grundlage: Artikel der Wiener Zeitung vom 18.10.2000; Überschreibung von Felix Grabuschnig)