God save the queen

An und für sich wollte ich mir Deutschland gegen England gar nicht anschauen. Mit meinem Bruder chattend habe ich gemeint, dass die Chance eines österreichischen Sieges in Spanien etwa so groß ist wie ein Ergebnis von 4:0 der Engländer in Deutschland. Zu meinem Wohlgefallen hat sich mein Spaß-Tipp beinahe bestätigt.

Was mir besonders gefallen hat, als ich mir die letzten 20 Minuten der Demolierung des deutschen Fußballnationalteams nicht ohne Genuss ansah, war das Anstimmen der englischen Nationalhymne seitens der natürlich englischen Fans während des Spiels. So etwas schien mir einmalig zu sein. Einige tausend Engländer haben mit viel Stolz "God save the queen" gesungen, und das vollkommen fehlerlos. Es war aber keineswegs schlicher Nationalstolz, der das Stadion beseelte. Vielmehr ging so eine Art Welle des Zusammenhalts durch die Reihen. Und das war gerade im Falle von England doch sehr positiv. Andererseits wäre es mir, hätten die Deutschen 5:1 geführt, und ihre Nationalhymne angestimmt, als grauenhafte, gespenstische Perversion vorgekommen. Die Deutschen können zwar nichts dafür, eine solche Nationalhymne zu haben, aber "Deutschland, Deutschland, über alles" ist die wohl schrecklichste Hymne der Welt. Ich kann mir keinen Deutschen vorstellen, der diese Hymne freiwillig singt. Und doch wird es so sein. Da ist mir der Hauch Monarchie bzw. Aristokratie der englischen Hymne beim Ar... lieber...

Österreich wird also in Israel versuchen, den zweiten Platz in ihrer Gruppe zu erreichen. Nach dem lange Zeit gefälligen, wenn auch rein defensiven Spiel gegen Spanien traue ich ihnen dort ohne weiters einen Punkt zu. Wenn ich "Israel" denke, muss ich immer wieder implizieren, dass dieses Land ohne Hitler nie entstanden wäre. Irgendwie unglaublich, aber doch der Wahrheit entsprechend. Die politische Dimension spielt also im Fußball, wie schon weiter oben angedeutet, eine nicht kleine Rolle. Deswegen war es sehr wichtig, dass sich die österreichische Nationalmannschaft der Aktion angeschlossen hat, die dem Rassismus im Fußball den Kampf ansagt. Viele Fußballfans werden sich ja noch daran erinnern können, wie etwa Sammy Ipouah oftmals mit "äffischen Geräuschen" von so mancher Zuschauerclique beleidigt wurde. Derartiges Verhalten hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen. Es ist schön, wenn der Stolz auf die eigene Mannschaft so präsentiert wird, wie dies das englische Publikum in Deutschland vorgemacht hat. Aber es ist freilich auch so, dass gerade englische Fußballfans immer wieder durch unverschämtes, rassistisches Verhalten auffallen. Vielleicht war da das Absingen der Hymne während des Spiels ein Zeichen dafür, dass sie nicht den Gegner vernichten wollen, und die Fans des Gegners verachten, sondern schlicht und einfach hinter ihrer Mannschaft stehen.

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