"SuperTex"

Eine Stunde im Paradies

R: Jan Schütte
D: Stephen Mangan, Jan Decleir, Maureen Lipman, u. a.
Nach dem gleichnamigen Roman von Leon de Winter
Deutschland/Niederlande 2003


Das vielschichtige Porträt der jüdischen Familie Breslauer fesselt die Zuschauer und versteht es mit viel Liebe zum Detail einen Generationskonflikt darzustellen, der durch die KZ-Vergangenheit des Vaters dramatisch erschwert wird. Simon Breslauer ist eine imposante Persönlichkeit und ein allseits geachteter Mann, dem es nicht nur gelungen ist, das Konzentrationslager zu überleben, sondern ein Firmenimperium aufzubauen, das es der ganzen Familie gestattet, in Wohlstand zu leben.

Max, der ältere Sohn, befindet sich seit Kindertagen auf der verzweifelten Suche nach Anerkennung, die ihm von seinem Vater immer wieder verwehrt wird. Er verfügt über eine hervorragende Ausbildung, eine Reihe materieller Annehmlichkeiten und ist doch geplagt von Selbstzweifel und innerer Leere. Zwischen den Beiden besteht eine große Ähnlichkeit, die Max aber nicht leben kann, da ihm der Vater kaum Platz lässt. Nach einer heftigen Auseinandersetzung und nach der Erkenntnis, dass sein Vater seit Jahren eine Geliebte unterhält, steigt Max aus dem Unternehmen aus um letztendlich gestärkt an den Platz seines Vaters zurückzukehren. Frappierend die starke Loyalität mit der Mutter, die ihn immer wieder ermuntert, stärkt und nie an seinen Fähigkeiten zweifelt. Nach dem Unfall des Vaters wird sie ihn bedingungslos als Familienoberhaupt akzeptieren und die Geschicke der Familie in seine Hand legen.

Daneben verblasst sein angepasster Bruder Boy, der die Rolle des kleinen Bruders hervorragend spielt, sich standesgemäß verlobt und kaum eigene Standpunkte bezieht. Erst als er in Marokko plötzlich auf sich selbst reduziert ist, nach miserablen Verhandlungen verloren und völlig desillusioniert durch die Medina irrt, begegnet er einem alten Juden, der ihn zum Tee einlädt. Diese schicksalhafte Begegnung erlaubt ihm, sich zu emanzipieren und seinen eigenen Weg zu finden.

Eine berührende Familiengeschichte, die stark von der Suche eines sehr säkularen Juden nach seinem Platz in dieser Welt geprägt ist. Sie fasziniert durch Ausgewogenheit von Humor und Tragik, Liebe und Verzweiflung und trifft den Zuschauer mitten ins Herz. Die Hauptdarsteller bestechen durch eine sensible und authentische Darstellung der Figuren und verstehen es, die Sinnfrage und den beschwerlichen Weg zu sich selbst mit einem selbstironischen Lächeln darzustellen. 
Ein herrliches Filmerlebnis!

(Margarete; 04/2004)


Buchtipp:

Leon de Winter: "SuperTex"
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