"Blade Runner"

R: Ridley Scott
D: Harrison Ford, Rutger Hauer, Sean Young, Daryl Hannah
1982 bzw. 1992 (Director's Cut)

Los Angeles anno 2019: Saurer Regen, Überbevölkerung - die Stadt ist ein düsteres Labyrinth, Rick Deckard ein "Blade Runner", ein Polizist, der untergetauchte Replikanten jagt ...

Ein Genre-Meisterwerk!


Dies ist die erste Verfilmung einer Philip K. Dick-Geschichte, die im Original den schönen Titel "Do Androids Dream of Electric Sheep?" hat. Die Erde ist nur noch wenig bevölkert, denn die meisten Menschen sind dem Ruf ins All gefolgt, wo ihnen bei wichtigen und gefährlichen Arbeiten Replikanten zur Seite stehen - Roboter mit einem menschenähnlichen Äußeren und auf spezifische Aufgaben zugeschnittenen Fähigkeiten. Die Besten von ihnen sind äußerlich kaum von Menschen zu unterscheiden, und auch ihr Verhalten ist in den meisten Fällen überaus menschlich. Nur noch durch ausgeklügelte psychologische Tests sind sie von Menschen zu unterscheiden. Und sie haben eine begrenzte Lebenszeit. Auf Grund ihrer großen Ähnlichkeit mit Menschen ist ihnen der Aufenthalt auf der Erde verboten. Für den Fall, dass doch mal welche den Ursprungsplaneten der Menschheit erreichen, gibt es eine besondere Polizeieinheit, die Blade Runner, deren Aufgabe es ist, diese Androiden zu verfolgen und zu vernichten.

Ein Veteran dieser Polizeieinheit, Deckard, ist mittlerweile im Ruhestand und sieht seine vormalige Aufgabe durchaus kritisch - das heißt, er betrachtet sich als einen Ex-Killer. Doch als eine Gruppe von Replikanten - darunter einige Gefechtsmodelle - mit einem gekaperten Raumschiff auf die Erde kommen, wird er reaktiviert. Da es sich bei den Androiden um die modernsten Modelle handelt, wendet er sich zunächst an die Tyrrell-Corporation, die diese Androiden herstellt um so viel wie möglich über sie zu erfahren. Hier lernt er Rachel, die Sekretärin Tyrrells, kennen, die er auf Wunsch ihres Chefs einem Test unterziehen soll. Nach einigen Stunden stellt er fest, dass sie eine Replikantin sein muss, die allerdings nichts von ihrem Status weiß. Sie hat künstliche Erinnerungen eingepflanzt bekommen. Doch der Test selber macht sie nachdenklich, und sie hängt sich an Deckard dran, der sich im Verlauf der Handlung mehr und mehr in sie verliebt, was ihm seine weitere Arbeit nicht unbedingt erleichtert.

Die Replikanten versuchen in der Zwischenzeit, sich auf der Erde zu etablieren und finden in dem Wohnsitz eines Tyrrell-Wissenschaftlers eine vorläufige Bleibe. Dessen Haus weist starke Ähnlichkeit mit einem düsteren Land jenseits des Spiegels auf, und so schaffen es die Replikanten relativ gut, sich hier zu Hause zu füllen. Außerdem möchten sie gerne herausfinden, wie lange sie noch zu leben haben und ob es eventuell möglich ist, ihren Todeszeitpunkt hinauszuzögern. Um dies in Erfahrung zu bringen sucht Roy, der Anführer der Replikanten (sehr ergreifend gespielt von Rutger Hauer), die direkte Konfrontation mit seinem "Schöpfer", und der Dialog zwischen dem Geschöpf und seinem etwas megalomanen Schöpfer ist einer der bewegendsten und philosophischsten dieser Art seit Mary Shelleys "Frankenstein" oder dem Ende des Buches Hiob. Nachdem Roy seinen "Schöpfer" getötet hat, kommt es schließlich zur abschließenden Konfrontation zwischen ihm und Deckard in der fantastischen Welt, in der die Replikanten ein Zuhause gefunden haben, eine Konfrontation, die schließlich auch ihren Höhepunkt in einem philosophischen Diskurs findet.

Die Frage, welche Rechte ein intelligentes künstliches Wesen hat, ist schon oft und sehr tiefgründig bearbeitet worden und neben "Frankenstein" und "TNG - The Measure of Man" (deutsch: "Wem gehört Data"?) ist "Blade Runner" sicherlich einer der wichtigsten Beiträge zu dieser Diskussion. Daneben wären vielleicht noch die Werke von Isaac Asimov für den interessierten Leser eine willkommene und umfangreiche Ergänzung. In einer Zeit, in der das Schaffen von künstlichen Menschen - Klonen - oder intelligenten Computern immer wahrscheinlicher wird, bekommen die Fragen dieser Texte immer mehr Aktualität und man sollte sie sich wirklich zu Gemüte führen, bevor man in diese Diskussion einsteigt. Für den Bereich der Klone sind sicherlich "The Sixth Day" und "Dark Angel" sehr wichtig. Es ist Science Fiction, die wirklich aktuelle globale moralische Fragen beinhaltet, denn sind wir nicht dabei, auf zwei Ebenen Geschöpfe "nach unserem Bild" zu schaffen?

Die Welt, die hier durch Ridley Scott geschaffen wurde, ist schmutzig und konsequent dargestellt und das erste Abweichen von dem eher positivistischen Leben in einer Zukunft, das seinen Weg auf die Leinwand gefunden hat. Und durch die Erzählfigur Deckard, die sich stark der Sprache der Krimis der schwarzen Serie bedient, gewinnen die Gedanken und Erfahrungen der Figur eine Unmittelbarkeit, die jeden Zuschauer in ihren Bann schlägt. Ein rundum perfektes Medienprodukt, das den Geist anregt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 04/2003)


Filmmusik von Vangelis
Eastwest, Warner, 1994. 
ca. EUR 8,99.
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Roman:
Philip K. Dick:
(eigentlich "
Do Androids Dream of Electric Sheep?") "Blade Runner
"
Deutsch von Norbert Wölfl.
Heyne. 268 Seiten. 
ISBN 3-453-21728-4.
ca. EUR 9,95.
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