Der Misanthrop No.3: "Von den Frauen"



Jeder große Denker - von Kant über Nietzsche bis hin zu Brecht und darüber hinaus - erlag der Verlockung einmal irgendeinen Schwachsinn über Frauen zu verzapfen. Es ist nicht wert im Einzelnen näher darauf einzugehen, was die Herrn Blamables zu Papier brachten. Der Erkenntnisgehalt zur Weiberkunde ist noch jedes Mal erbärmlich, hingegen ein jedes Mal die selbst verursachte Bloßstellung des jeweiligen Autors mehr als obszön ausfällt. Ich sage es offen heraus, man ist versucht diese phallischen Poesien als rationalisierte Erektionsprobleme der Herrn Schreiberlinge abzutun. Was sich als Weiberkunde inszeniert, ist tatsächlich immer Männerkunde, von der peinlichsten Sorte. Lächerliches sei somit belächelt und ad acta gelegt. So wie schon den Männern, gilt auch den Frauen meine ganze Verachtung. Zuweilen reizen mich zwar ihre Körperformen, ihr Haar und ihre Stimmen, doch kenne ich sie näher, menscheln sie mir zu sehr. Wären sie doch nur Frau und nicht auch Mensch! Es würde ihnen zum Vorteil gereichen. Es ist die Täuschkraft des Weibes, dass sie dem Mann als sich selbst verhüllende Mystifikation des Weiblichen vorschwebt, ihn mit bloßer Weiblichkeit umgarnt und zur Leibeslust verführt. Der Mensch hinter dem Trugbild interessiert vorweg nicht. Und der Mann ist fasziniert von der plötzlichen Wirklichkeit seiner archetypischen Vorstellung des ewig Weiblichen, das da nun von Angesicht zu Angesicht mit ihm liebäugelt. Insofern sind anfängliche erotische Begegnungen mit Frauen immer unmenschlich, weil auf eine gewisse Weise immateriell, und solcherart auch dem Misanthropen eine Wonne. Hält man den aus fernen Sphären entrückten Leib einer Frau erstmals in Armen, ist man beglückt wie über eine lichtgestaltige Engelserscheinung. Man spürt einen Körper, der nicht nur körperlich ist. Und man vernimmt eine Stimme, die nicht nur spricht, sondern in Sphärenklängen tönt. Ihre Worte sind verlockende Seufzer, deren inhaltliche Bedeutung wenig interessiert. Ihren Augen enteilen beseelende Blicke, die nicht nur schauen wollen. Ach, ich könnte noch lange fortfahren mit der Aufzählung von verzaubernden Momenten, die nicht von dieser Welt scheinen. Allein, die verklärende Täuschung währt nicht lange und er sieht sie und sie sieht ihn in der erbärmlichen Pracht ihrer und seiner irdischen Trivialität. Manche Wahrnehmung spricht dafür, dass Frauen in den meisten Fällen noch ein realistischeres Bild vom Mann haben, als es umgekehrt der Fall ist. Sie sind zwar ebenso auf eine ideelle Vorstellung des Männlichen hin ausgerichtet, finden sich jedoch rascher mit der dementsprechenden Verkörperung auf Erden ab. Dass dem so ist, liegt möglicherweise daran, dass ihnen in vielen Fällen sowieso mehr am gemeinsamen Nest und am Willen zur Brut liegt, als an dem Hahn, der das Nest bestellt. Das Nest und die Brut sind ihnen Zierde und Gegenstand, zuweilen auch noch der Hahn. Es wird eingerichtet und gebärt, und das Eingerichtete und Geborene hat gefällig zu sein. Weil Frauen sind Koketten, die alles zu verschönern trachten, was das ihre ist und ihrer Gefälligkeit frommt. Ihre Denkart ist kosmetisch. Ihre Gemütslage ist dem gegebenen Makel stets feindlich gesinnt. Denn sie haben Geschmack und dieser Geschmack ist mit ihrem Wesen verwoben und gleichsam aus diesem erwachsen. Ich erachte dieses bezeichnende Merkmal des weiblichen Charakters übrigens als Tugend, die den männlichen Hang zur Selbstverwahrlosung wohltuend konterkariert. Solange Frauen für männliche Blicke leben, bleiben sie Koketten; eine reizvolle Antithese zur Ästhetik des männlichen Bierbauchs. Als Menschen sind sie mir zwar zuwider. Doch der Charme des Femininen gefällt noch allemal. So plädiere ich für eine Welt der Distanzen. Lasset uns einander fremd bleiben und nicht als Menschen erfahren, sondern als Mann und Frau, die nicht von dieser Welt sind.

Wie gesagt, so ist es. Herzlichst, Ihr M.