(.....)
Und dann, lieber Leser, in einem fort Liebesgeschichten; eine, zwei, drei, vier Liebesgeschichten habe ich dir bereits erzählt, drei oder vier weitere Liebesgeschichten stehen dir noch bevor: das sind reichlich viel Liebesgeschichten. Zwar ist es einerseits wahr, daß man, da man für dich schreibt, entweder auf deinen Beifall verzichten oder dich deinem Geschmack entsprechend bedienen muß, und daß du dich nun mal für Liebesgeschichten entschieden hast. Alle deine Erzählungen in Vers oder in Prosa sind Liebesgeschichten; fast alle deine Gedichte, Elegien, Eklogen, Idyllen, Lieder, Episteln, Komödien, Tragödien und Opern sind Liebesgeschichten. Fast alle deine Gemälde und Skulpturen sind lediglich Liebesgeschichten. Seit du lebst, bist du auf Liebesgeschichten als einzige Nahrung versessen gewesen, und du wirst ihrer nie überdrüssig. Man beläßt dich bei dieser Diät, und man wird euch alle noch lange dabei belassen, Männer und Frauen, große und kleine Kinder, ohne daß ihr ihrer überdrüssig würdet. Im Grunde ist das etwas Wunderbares.
(...)


(aus "Jacques der Fatalist und sein Herr" von Denis Diderot;
aus dem Französischen von Ernst Sander; Reclam Verlag)