(...) Sowie Leuwenhoek seinen Feind Swammerdamm erblickte, riß er sich los mit der höchsten Anstrengung seiner letzten Kräfte, sprang zurück und stemmte sich mit dem Rücken gegen die Türe des verhängnisvollen Zimmers, wo die Schöne gefangen saß.
Swammerdamm zog, dies gewahrend, ein kleines Fernglas aus der Tasche, schob es lang aus und ging dem Feinde zu Leibe, indem er laut rief: »Zieh, Verdammter, wenn du Courage hast!«
Schnell hatte Leuwenhoek ein ähnliches Instrument in der Hand, schob es ebenfalls auseinander und schrie: »Nur heran, ich stehe dir, bald sollst du meine Macht fühlen!« - Beide setzten sich nun die Ferngläser ans Auge und fielen grimmig gegeneinander aus mit scharfen mörderischen Streichen, indem sie ihre Waffen durch Aus- und Einschieben bald verlängerten, bald verkürzten. Da gab es Finten, Paraden, Volten, kurz alle nur möglichen Fechterkünste, und immer mehr schienen sich die Gemüter zu erhitzen. Wurde einer getroffen, so schrie er laut auf, sprang in die Höhe, machte die wunderlichsten Kapriolen, die schönsten Entrechats, Pirouetten, wie der beste Solotänzer von der Pariser Bühne, bis der andere ihn mit dem verkürzten Fernglase fest fixierte. Geschah diesem nun Gleiches, so machte er es ebenso. So wechselten sie mit den ausgelassensten Sprüngen, mit den tollsten Gebärden, mit dem wütendsten Geschrei; der Schweiß troff ihnen von der Stirne herab, die blutroten Augen traten ihnen zum Kopfe heraus, und da man nur ihr wechselseitiges Anblicken durch die Ferngläser, sonst aber keine Ursache ihres Veitstanzes gewahrte, so mußte man sie für Rasende halten, die dem Irrenhause entsprungen. - Die Sache war übrigens ganz artig anzusehen. -
Herrn Swammerdamm gelang es endlich, den bösen Leuwenhoek aus seiner Stellung an der Türe, die er mit hartnäckiger Tapferkeit behauptet, zu vertreiben und den Kampf in den Hintergrund des Flurs zu spielen.
George Pepusch nahm den Augenblick wahr, drückte die freigewordene Türe, die weder verschlossen noch verriegelt war, auf und schlüpfte ins Zimmer hinein. Sogleich stürzte er aber auch wieder heraus, schrie: »Sie ist fort - fort!« und eilte mit Blitzesschnelle aus dem Hause von dannen. - Beide, Leuwenhoek und Swammerdamm, hatten sich schwer getroffen, denn beide hüpften, tanzten auf ganz tolle Weise und machten dazu mit Heulen und Schreien eine Musik, die dem Wehgeschrei der Verdammten in der Hölle zu gleichen schien. (...)

(aus "Meister Floh" von E.T.A. Hoffmann)