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So sprach der Ringellockige, der Held, zum ew'gen Gott gewandt;
Ich will nicht kämpfen! - also rief noch einmal er, dann war er still.
Doch lächelnd sprach zu ihm darauf, als er ihn so voll Kleinmut sah,
Inmitten beider Heeresreihn der heilige Krishna dieses Wort:

DER ERHABENE SPRICHT
Du redest gut, allein du klagst um die, die nicht beklagenswert,
Nicht Tote noch auch Lebende beklagt jemals der Weisen Schar.
Nie war die Zeit, da ich nicht war, und du und diese Fürsten all,
Noch werden jemals wir nicht sein, wir alle, in zukünftger Zeit!
Denn wie der Mensch in diesem Leib Kindheit, Jugend und Alter hat,
So kommt er auch zu neuem Leib, - der Weise wird da nicht verwirrt.
Der Atome Berührung nur ist kalt und warm, bringt Lust und Leid,
Sie kommen, gehen, ohn' Bestand, - ertrage sie, o Bhârata!
Der weise Mann, den diese nicht erregen, o du starker Held,
Der Leid und Lust gleichmütig trägt, der reift für die Unsterblichkeit.
Es gibt kein Werden aus dem Nichts, noch wird zu Nichts das Seiende!
Die Grenze beider ist erschaut von denen, die die Wahrheit schaun.
Doch wisse, unvergänglich ist die Macht, durch die das All gewirkt!
Des Ewigen Vernichtung kann bewirken niemand, wer's auch sei.
Vergänglich sind die Leiber nur, - in ihnen weilt der ew'ge Geist,
Der unvergänglich, unbegrenzt - drum kämpfe nur, du Bhârata!
Wer denkt, es töte je der Geist oder werde getötet je,
Der denkt nicht recht! Er tötet nicht, noch wird jemals getötet er.
Niemals wird er geboren, niemals stirbt er,
Nicht ist geworden er, noch wird er werden,
Der Ungeborne, Ewige, Alte - nimmer
Wird er getötet, wenn den Leib man tötet.
Wer ihn als unvernichtbar kennt, als ewig und unwandelbar,
Wie kann ein solcher töten je, wie töten lassen, Prithâ-Sohn?
Gleichwie ein Mann die altgewordnen Kleider
Ablegt und andre, neue Kleider anlegt,
So auch ablegend seine alten Leiber
Geht ein der Geist in immer andre, neue.
Es schneiden ihn die Waffen nicht, es brennet ihn das Feuer nicht,
Es nässet ihn das Wasser nicht, es dörret ihn auch nicht der Wind.
Zu schneiden nicht, zu brennen nicht, zu nässen nicht, zu dörren nicht,
Er ist beständig, überall, fest, ewig, unerschütterlich.
Unsichtbar und unvorstellbar und unveränderlich heißt er,
Darum, sobald du ihn erkannt, darfst du nicht mehr beklagen ihn.
Und wenn für stets geboren auch, für stets gestorben du ihn hältst,
Doch darfst du, Held mit starkem Arm, um diesen trauern nimmermehr.
Denn dem Gebornen ist der Tod, dem Toten die Geburt bestimmt, -
Da unvermeidlich dies Geschick, darfst nicht darüber trauern du.
Unsichtbar sind die Anfänge der Wesen und ihr Ende auch,
Die Mitte nur ist sichtbar uns - was gibt's für Grund zur Klage da?
Der Eine schauet ihn als wie ein Wunder,
Der Andre spricht von ihm als einem Wunder,
Der Dritte hört von ihm als einem Wunder,
Doch hört er's auch, es kennet ihn doch keiner.
Die Seele unverletzbar ist, ewig, in eines jeden Leib,
Darum die Wesen allesamt darfst du betrauern nimmermehr.
Auch wenn du deine Pflicht bedenkst, geziemt sich's dir zu zittern nicht,
Denn für den Krieger gibt es ja nichts Bessres als gerechten Kampf.
Als hätte sich von ungefähr des Himmels Pforte aufgetan,
So grüßen freudig, Prithâ-Sohn, die Krieger einen solchen Kampf.
Wenn diesen pflichtgemäßen Kampf du aber nicht bestehen wirst,
Im Stiche lassend Pflicht und Ruhm, wird Übles nur dein Anteil sein.
Es werden deine Schande dann die Wesen künden immerfort,
Dem aber, der in Ehren steht, ist Schande mehr als selbst der Tod.
Furcht vor dem Kampf hielt dich zurück, so denken dann die Helden all,
Und wo du hoch geachtet warst, da wirst du bald verachtet sein.
Und viele böse Reden wird dann führen deiner Feinde Schar,
Beschimpfend deine Tüchtigkeit, - und was ist schmerzlicher als dies?
Im Tod gehst du zum Himmel ein! Siegst du, fällt dir die Erde zu!
Darum erheb' dich, Kuntî-Sohn, entschlossen wieder zu dem Kampf!
Gleichachtend Glück und Ungemach, Gewinn, Verlust, Sieg oder Tod,
Bereite nun zum Kampfe dich! So wird kein Übel dir zu Teil.
(...)


(aus der Bhagavad Gita)