(...)
Freyja:
29 Irr bist du, Loki, daß du selber anführst
Die schnöden Schandtaten.
Wohl weiß Frigg alles was sich begibt,
Ob sie schon es nicht sagt.

Loki:
30 Schweig du, Freyja, dich vollends kenn ich;
Keines Makels mangelst du;
Der Asen und Alfen, die hier inne sind,
Bist du jedes Buhlerin.

Freyja :
31 Deine Zunge frevelt; doch fürcht ich, daß sie dir
Wenig Gutes gellt.
Abhold sind dir die Asen und die Asinnen,
Unfröhlich fährst du nach Haus.

Loki:
32 Schweig du, Freyja, Gift führst du mit dir,
Bist alles Unheils voll.
Vor den Göttern umarmtest du den eigenen Bruder:
So böser Wind entfuhr dir, Freyja!

Niördr:
33 Die Schöngeschmückten, das schadet nicht,
Wählen Männer wie sie mögen;

Des Verworfnen Weilen bei den Asen wundert nur,
Der Kinder konnte gebären.

Loki:
34 Schweig du, Niörd, von Osten gesendet
Als Geisel bist du den Göttern.
Hymirs Töchter nahmen dich da zum Nachtgeschirre
Und machten dir in den Mund.

Niördr:
35 Des Schadens tröstet mich, seit ich gesendet ward
Fernher als Geisel den Göttern,
Daß mir erwuchs der Sohn, wider den niemand ist,
Der für den Ersten der Asen gilt.

Loki:
36 Laß endlich, Niörd, den Übermut,
Ich hab es länger nicht hehl:
Mit der eignen Schwester den Sohn erzeugtest du,
Der eben so arg ist wie du.

Tyr:
37 Freyr ist der beste von allen, die Bifröst
Trägt zu der hohen Halle:
Keine Maid betrübt er, keines Mannes Weib,
Einen jeden nimmt er aus Nöten.

Loki:
38 Schweig du, Tyr! Du taugst zum Kampfe nicht
Zu gleicher Zeit mit zweien.
Deine rechte Hand ist dir geraubt,
Fenris fraß sie, der Wolf.

Tyr:
39 Der Hand muß ich darben; so darbst du Fenris.
Eins ist schlimm wie das andre;
Auch der Wolf ist freudenlos: gefesselt erwartet er
Der Asen Untergang.

Loki:
40 Schweig du, Tyr! Deinem Weibe geschah's,
Daß sie von mir ein Kind bekam.
Nicht Pfenningsbuße empfingst du für die Schmach:
Habe dir das, du Hahnrei!

Freyr:
41 Gefesselt liegt Fenris vor des Flusses Ursprung
Bis die Götter vergehen.
So soll auch dir geschehn, wenn du nicht schweigen wirst
Endlich, Unheilschmied.

Loki:
42 Mit Gold erkauftest du Gymirs Tochter
Und gabst dem Skirnir dein Schwert.
Wenn aber Muspels Söhne durch Myrkwid reiten,
Womit willst du streiten. Unselger?

Beyggwir:
43 Wär ich so edeln Stamms als Yngwi-Freyr,
Und hätte so erhabnen Sitz,
Morscher als Mark malmt' ich dich, freche Krähe,
Und lähmte dir alle Gelenke.

Loki:
44 Was ist Winziges dort, das ich wedeln sehe
Nach Speise schnappend?
Dem Freyr in die Ohren bläst es immerdar,
Und müht sich mit Mägdearbeit.

Beyggwir:
45 Beyggwir bin ich, bieder rühmen mich
Die Asen all und Menschen.
Behende helf ich hier, daß Hropts Freunde trinken
Ael in Oegis Halle.

Loki:
46 Schweig du, Beyggwir, übel verstehst du
Der Männer Mal zu ordnen.
Unterm Bettstroh verbargst du dich feige,
Wenn es zum Kampfe kam.

Heimdal:
Trunken bist du, Loki! vertrankst den Verstand:
Laß endlich ab, Loki,
Denn im Rausche reden die Leute viel
Und wissen nicht was. (...)


(aus "Oegirs Trinkgelag" aus der Älteren Edda;
übersetzt von Karl Simrock)