"Der Sturm nach William Shakespeare"

Neu erzählt von Barbara Kindermann, mit Bildern von Sonja Wimmer


"Der Sturm" ist vermutlich das letzte Drama aus der Feder von William Shakespeare. Es ist wohl ein besonders geeignetes Sujet im Jubiläumsjahr des "Kindermann"-Verlags. Wer hat nicht schon vom Zauberkönig Prospero gehört, der auf einer einsamen Insel ausgesetzt gemeinsam mit seiner Tochter Miranda und den zwei Untertanen Caliban und Ariel residiert? Prosperos Bruder Antonio war herrschsüchtig und wollte das Amt bekleiden, das Prospero zustand: Jenes des Herzogs von Mailand. Und so verbündete Antonio sich mit dem König von Neapel.

Eines Tages, zwölf Jahre, nachdem ihm sein Bruder und der König von Neapel böse mitgespielt und ihn auf die Insel verbannt hatten, fährt in unmittelbarer Nähe der Residenz von Prospero ein Schiff, auf dem sich Alonso, der König von Neapel, und Antonio samt ganzem Hofstaat befinden. Und plötzlich kommt ein Sturm auf, und die Menschen auf dem Schiff geraten in helle Aufregung. Sie glauben, dass ihre letzte Stunde gekommen sei. Doch verantwortlich für diesen Sturm ist Prospero, der jene zur Rechenschaft ziehen will, die ihm einst so Übles angetan hatten. Was dann passiert, ist pure Zauberei und Magie.

Prospero versetzt den Bruder und den König von Neapel in Schrecken, indem er den Geist Ariel, den er einst aus der Gefangenschaft befreit hatte, wirken lässt. Und sowohl Antonio als auch Alonso sehen ein, dass sie Prospero großes Unrecht angetan hatten und bekennen ihre Schuld. Prospero, der große Zauberkönig, ist gutmütig und verzeiht den beiden. Und darüber hinaus entzündet er die Liebe zwischen Ferdinand, Alonsos Sohn, und seiner Tochter Miranda.

Was diese von Barbara Kindermann so wunderbar nacherzählte Geschichte auszeichnet, ist der Fokus auf das Wesentliche. Bei allem Hin und Her, bei all der Verwirrung, die entstehen könnte, lässt sie die Geschehnisse nebeneinander ablaufen und sorgt für gehörige Spannung. Die Bilder von Sonja Wimmer illustrieren die Geschichte adäquat und machen Freude. Und ein Aspekt sticht letztlich besonders hervor: Es ist die magische Kraft, die Bücher ausstrahlen können. Prospero verdankt seine Zauberkünste einem Buch! Jenes Bild, das Prospero dabei zeigt, wie er das Zauberbuch - gemeinsam mit dem zerbrochenen Zauberstab - in das wogende Meer hinabwirft, ist so etwas wie die Quintessenz der Geschichte. Wie diese zu deuten ist, bleibt freilich jedem Leser selbst überlassen. Dass aber Bücher eine magische Dimension aufweisen können, beweist auch dieses Buch, von dem jetzt die Rede war. Für mich als Rezensenten war es ein großes Vergnügen, darin zu blättern und den "Sturm" auf ungewöhnliche Weise präsentiert zu bekommen.

Dem "Kindermann"-Verlag ist zu wünschen, dass er noch viele weitere Bücher schafft, die staunen machen. Dieses Jubiläumsbuch ist für mich – ganz subjektiv gesehen - die bislang gelungenste Adaption eines Stoffes der klassischen Literatur in der Geschichte des Verlags.

(Klabauter; 10/2019)


"Der Sturm nach William Shakespeare"
Neu erzählt von Barbara Kindermann, mit Bildern von Sonja Wimmer.

Kindermann, 2019. 36 Seiten. (Ab 7 J.)
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