Cornelia Funke: "Tintenherz"


Cornelia Funke ist eine der wenigen international anerkannten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen, deren Werke in 20 Sprachen übersetzt wurden und deren "Herr der Diebe" sogar einen einseitigen Artikel in der "TIME" nach sich zog. Dies bedingte, dass dieses von Frau Funke selbst illustrierte Werk zeitgleich in den USA, in Großbritannien und in Deutschland auf den Markt kam; eine Art des Vorgehens, die sich sonst nur Autoren wie John Grisham, Stephen King und Noah Gordon erlauben.

Meggie und ihr Vater Mortimer - ein Buchbinder und Sammler - leben seit neun Jahren alleine aber ziemlich zufrieden mit sehr vielen Büchern. Bis eines Tages ein seltsamer Mann namens Staubfinger an ihrem Haus auftaucht, der wie ein Gaukler aussieht und einen gehörnten Marder namens Gwin mit sich führt. Dieser Staubfinger nennt Mortimer "Zauberzunge" und warnt ihn eindringlich vor dem Nahen eines gewissen Capricorns, der mit seinen Männern versucht, ein ganz spezielles Buch, das sich in Mortimers Besitz befindet, an sich zu bringen. Außerdem soll Mortimer für Capricorn eine noch ungenannte Arbeit durchführen, die außer ihm anscheinend niemand richtig leisten kann.

In einem gestreiften Safaribus, mit einer Mindestausstattung an Kleidern und Büchern, verlassen Meggie und Mortimer in Staubfingers Begleitung ihr Zuhause, um sich zu Meggies Tante Elinor zu begeben, die ganz alleine in einer riesigen Bibliothek wohnt, wo sie nur überaus ungern Besucher empfängt. Von den neuen Gästen ist ihr ganz besonders Staubfinger unsympathisch, dem sie nicht über den Weg traut und den sie auch nicht gerne in der Nähe ihrer Bücher sieht. Aber Mortimer hat wichtigere Dinge mit ihr zu besprechen, wie zum Beispiel das Verstecken des von Capricorn gesuchten Buches unter den zigtausend Büchern ihrer Bibliothek.

Es erweist sich als gute Idee, dieses Gespräch schon am ersten Abend zu führen, denn in der ersten Nacht ihres Aufenthalts kommen plötzlich unangenehme Männer ins Haus der Tante Elinor und nehmen Mortimer und ein Buch - das sie zunächst für den gesuchten Band halten - mit zu Capricorn. Als Meggie dies bemerkt, versucht sie den Entführern heimlich nachzureisen. Beim Versuch, eine Nachricht ins Zimmer ihrer Tante zu legen, sieht sie, dass diese das fragliche Buch - "Tintenherz" - aufgeschlagen auf ihrer Brust liegen hat und weckt die Tante wütend auf. Nach einigem Hin und Her kann Elinor ihre Nichte dazu überreden, mit dem Aufbruch bis zum nächsten Morgen zu warten - nachdem man mit der Polizei gesprochen hat - und Elinor und Staubfinger mitzunehmen.

Die Polizei ist nicht wirklich beeindruckt von einem Mann, der aus einer Bibliothek sein eigenes Buch mitgenommen hat, um - anscheinend freiwillig - zwei Männern zu einer neuen Arbeitsstätte zu folgen, sodass Elinor nicht in der Lage ist, das Problem auf offizielle Rücken abzuwälzen. Und so wird sie - zusammen mit Staubfinger und Meggie - erstmals in ihrem Leben Abenteuer wirklich so erleben, wie sie sie sonst nur in ihren Büchern liest. Und dabei begegnet sie Gnomen, Kobolden, Feen und anderen seltsamen Gestalten aus der Welt zwischen den Buchrücken. Ihre eigene Bibliothek hingegen verliert sie schließlich.

"Die Zahl des Tiers", "Die unendliche Geschichte", "Die Brautprinzessin", "Matrix" und viele andere Geschichten, in denen Literatur direkt auf erzählte Realität trifft, werden in diesem Buch teils direkt und teils indirekt zitiert. Dabei beweist Cornelia Funke großes Geschick, indem sie diese Anspielungen weder belehrend noch übertrieben erscheinen lässt, was die erfahrenen Leser mit einem genussvollen Lesegericht konfrontiert - und Novizen der lesenden Kunst mit einer Einführung, die ihnen den Genuss von "McBooks" stark verleiden wird.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2004)


Cornelia Funke: "Tintenherz"
Gebundene Ausgabe:
Dressler, 2003.  576 Seiten.
ISBN 3-7915-0465-7.
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