Raffaela Mazagg: "Frau Sappralott"


Eigentlich sind Emotionen die Protagonisten in diesem Kinderbuch: Griesgrämigkeit, schlechte Laune, Boshaftigkeit, viele unausgesprochene Gefühle und zum guten Ende - gottseidank - auch das Glücklichsein. Die handelnden Personen sind Frau Sappralott, die Nachbarin, ihr Kater und der Wind. Frau Sappralott kräht den ganzen Tag verärgert durchs Haus, sekkiert und schimpft ihren Kater. Der muss für sie arbeiten, und sie liegt den ganzen, lieben Tag auf der faulen Haut und schimpft nur. Natürlich erledigt so ein Kater den Haushalt etwas eigenartig, und so entdeckt Frau Sappralott eines Tages, dass das Waschmittel nach Fisch riecht. Und als sie ihre Nase in die Waschmaschine steckt, plumpst sie auch schon, wie die Hexe bei Hänsel und Gretel (im Märchen allerdings in den Backofen!) in die Waschmaschine.
"Und durch den Schleudergang wird sie kleiner und kleiner. Frau Sappralott schrumpft wie ein Wollpullover in zu heißem Wasser." Und nun kann sie der Wind einfach fortblasen.
Kleingeschrumpft kann sie nun niemandem mehr Angst einjagen. "Wie es ihr wohl ergehen mag? (...) Frau Sappralott sieht ihren Kater - groß und schwer wie ein Elefant. "Was wird er jetzt mit mir tun? Er ist viel größer und stärker als ich! Ob er sich noch an mich erinnert? (...)"
Die kleine, kleine Frau Sappralott hat nun erkannt, dass uns ihr böses "Krah, Krah, Krah" überhaupt nicht gefällt, und dass ihr Kater weder Spielzeug noch Putzfrau ist, sondern ein treuer Freund.

Der Autorin ist in Bild und Wort eine gewaltige emotionale Erzählung gelungen. Ihre schlichte Sprache (an dieser Stelle Dank für die sensible Übersetzung) bringt die Gefühle in den jeweiligen Situationen genau auf den Punkt. Wo die Worte enden, beginnen die Bilder zu erzählen - an die Fantasie und Gefühlswelt des Lesers gerichtet. Zum Beispiel wird nie ausgesprochen, wodurch Frau Sappralott erkennt, dass ihr Kater ein treuer Freund ist, aber die Illustrationen zeigen, wie der riesige Kater die kleine, zerbrechliche Frau liebevoll und zärtlich umarmt.
Die Bilder fegen jeweils über eine ganze Buchseite. Der Text ist dort eingefügt, wo gerade Platz ist. Farblich hält sich die Geschicht in Rot- und Brauntönen, mit hin und wieder einem grünen Kontrapunkt. Perspektivenwechsel bieten sich natürlich in dieser Geschichte an und werden in doppelseitiger Macht ausgekostet.

Ich kann mich gar nicht entscheiden, ob Raffaela Mazagg eine bessere Zeichnerin oder Erzählerin ist. Dieses Kinderbuch zeugt eindeutig von einer großartigen Verschmelzung der beiden Künste in der Person der Autorin Raffaela Mazagg.

 (Die Prinzessin; 08/2003)


Raffaela Mazagg: "Frau Sappralott"
Aus dem Italienischen von Corinne Werth.
Sauerländer, 2003. 32 Seiten. 
ISBN 3-7941-4953-X.
ca. EUR 15,90.
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