"THE SKY IS HIGH" & "THE SKY IS HIGH ZWEI"

Songs of dope & glory! (50 jazzige & bluesige Songs der 30er- und 40er-Jahre)


Von trunkenen Liedern

Gespeist von gesellschaftlicher Ächtung und der daraus folgenden Reaktion der Ausgegrenzten entstanden mitunter ungemein lebendige künstlerische Ausdrucksformen. So geschehen z.B. in Griechenland beim "Blues aus dem Piraeus", dem sogenannten Rebetiko, und wie im vorliegenden Fall beim Jazz aus New Orleans, der Mutter all dessen, was wir heute als Jazz in den verschiedensten Variationen kennen.

Von den "zivilisierten" Weißen als schwarzer Abschaum behandelt - oftmals nicht viel besser als Vieh, zogen sich die Schwarzen in ihre eigenen Viertel zurück und musizierten in den sogenannten Redlightdistricts von New Orleans - mit dem berühmtesten namens Storyville - für sich und ihresgleichen vor sich hin: Einmal melancholisch-schwermütig, "bluesig" also, dann wieder ausgelassen-trotzig, immer jedoch originell. So einfallsreich jedenfalls, dass sich mit der Zeit auch die nicht ganz so dumpfen Weißen dieser Art Musik nicht mehr verschließen konnten und auf diese Weise der Jazz von hier aus seinen Siegeszug um die ganze Welt antrat.

Was aber die Wenigsten wissen oder vielleicht sogar nicht wissen wollen, ist die Tatsache, dass sich viele der größten und später bekanntesten Musiker mittels Marihuana inspirierten.
Als in den späten 1960er-, Anfang 1970er-Jahren der unumstrittene "King of Jazz", Louis Armstrong, mit Smoking und Fliege bekleidet mit seiner Musik in die "besten Kreise" der Weißen Eingang fand, wollte niemand so richtig wahrhaben, dass der große Louis zumindest am Beginn seiner Karriere ein eifriger Raucher des sogenannten "Teufelskrautes" Marihuana war.
Aber nicht nur er, sondern u.A. auch Count Basie, Cab Calloway, Duke Ellington, Charlie Parker und auch die große Ella Fitzgerald sahen sich der Verfolgung durch die natürlich von der weißen Gesetzgebung diktierten strengen Marihuanagesetze ausgesetzt, wobei der nicht ganz unbegründete Verdacht bestand, dass es den Weißen weniger ums berauschende Kraut, denn eher um die Erhaltung des gesellschaftlichen Status Quo zu tun war:
Den weißen US-Amerikanern die Macht, und den schwarzen Mitbürgern wurde bestenfalls eine Art "Sklavenstatus mit menschlicherem Antlitz" zugebilligt. Da passte es natürlich sehr ins Konzept, dass diese derart diskriminierten Schwarzen etwas Eigenes geschaffen hatten, was aber rein gar nicht dem Schoß der "Weißen Angelsächsischen Protestanten" entsprungen war und sogar die "Dreistigkeit" besaß, auch viele freisinnige Weiße zu begeistern.

Die hier vorliegenden Kompilationen bieten einen Ausschnitt dessen, was den zum Teil Größten des Jazz eingefallen ist, als sie die eine oder andere Marihuanazigarette, den sogenannten Joint, geraucht haben. Möglicherweise hat sich so Mancher von ihnen, als er dann tatsächlich berühmt geworden war, nicht mehr so gerne seiner "Jugendsünden" erinnern wollen.
Ungeachtet dessen - wie auch immer man zum Konsum dieser sogenannten leichten Droge Marihuana steht - muss doch jeder, der offenen Ohres und Sinnes diesen vorliegenden Stücken lauscht, zugeben, dass es sich hierbei um sehr humorvolle, swingende Musik handelt, die für jeden etwas bereithält: Auch für all jene, die Drogen gegenüber eher ablehnend eingestellt sind, jedoch keineswegs guter Jazz- und Bluesmusik. Außerdem soll noch angemerkt werden, dass diese Stücke wirkliche Schellackraritäten sind, die einen Einblick in die "Urgeschichte" des Jazz bieten.

Die beiden Zusammenstellungen sind auch in Aufmachung wirklich liebevoll und aufwendig gestaltet. Die beigelegten Begleithefte beinhalten interessante Hintergrundinformationen. So können wir u.A. erfahren:
"Der für öffentliche Sicherheit zuständige Beamte von New Orleans schrieb, dass 'Marihuana die entsetzlichste und verwerflichste Droge sei, die New Orleans je erreicht habe.' " 1910 wies er warnend darauf hin, dass es allein in Storyville 200 Menschen gebe, die regelmäßig Marihuana nehmen...
Der schlechte Einfluss von Marihuana habe sich darin gezeigt, dass es die Schwarzen denken ließ, sie seien so gut wie der weiße Mann ... Und wenn Schwarze hysterisch zu lachen begannen, weil ihnen befohlen wurde, die Straßenseite zu wechseln oder sich in den hinteren Bereich der Straßenbahn zu scheren etc., dann schrieb man das der Wirkung von Marihuana zu. Die Weißen in New Orleans waren schließlich auch darüber besorgt, dass schwarze Musiker, von denen es hieß, sie würden Marihuana rauchen, eine derart kraftvolle Voodoo-Musik machten, dass selbst anständige weiße Frauen mit ihren Füßen im Takt zu wippen begannen. Der Zweck dieser Musik, so fürchteten Weiße, sollte wohl die Befreiung vom Joch ihrer Herrschaft sein. Diese Musik hat längst einen eigenen Namen. Es ist der Jazz!"


Dieses Zusammentragen dieser einschlägigen Nummern beweist wohl, dass den Produzenten diese beiden CDs ein wirkliches Anliegen waren. Bleibt nur noch zu fragen, woran ihnen mehr gelegen ist: am Jazz oder vielleicht doch am Kiffen?!
Einem jeden, wie es ihm beliebt!

(Rihnrhi).


"THE SKY IS HIGH" & "THE SKY IS HIGH ZWEI"