Josep Pla: "Der Untergang der Cala Galiota"

Geschichten vom Meer


Joseph Pla zählt zu den bedeutendsten Autoren aus Katalonien, was besonders im letzten Quartal des Jahres 2007 auf viel mehr Interesse bei Lesern stieß als sonst vielleicht, da Katalonien im Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse 2007 stand.

Dabei wollte der Autor und Journalist, von dem in "Der Untergang der Cala Galiota" drei Geschichten in deutscher Sprache beim Berenberg-Verlag veröffentlicht wurden, ursprünglich einmal lediglich seiner Leidenschaft nachgehen. Zum Glück für all die Leser, die sich gern lobend über den 1981 verstorbenen Schriftsteller äußern.

"Der Untergang der Cala Galiota" bietet eine gute Möglichkeit, den katalanischen Joseph Pla und sein Werk kennenzulernen. Mit nur drei Geschichten ist das Buch insgesamt recht übersichtlich gehalten, die aus dem originalen "Cinc histories del mar" ausgewählten Geschichten lassen jedoch einen guten Einblick in Plas Stil zu.

Inhaltlich erscheinen die Geschichten zunächst wenig anspruchsvoll oder gar raffiniert, sondern plätschern ein wenig formlos vor sich her. Hier jedoch offenbart sich bereits etwas Zentrales: die Fähigkeit, mit Alltäglichem zu fesseln. Pla gelingt es mühelos, mit solcherlei Erzählungen, die autobiografisch gefärbt sind, zu begeistern. Ohne Mühe kann der Leser seiner Erzählung folgen und lernt darüber hinaus Besonderheiten von Land und Leuten kennen. Man sieht förmlich die beschriebenen Gegenden, hat ein Bild des beschriebenen Alltags mit seinen Gepflogenheiten, ob nun zu Arbeit, Freizeit, Gespräch, Landschaft oder Küche.
Dies alles wird geradezu pragmatisch beschrieben und wirkt dadurch so ehrlich und zugleich authentisch, dass man gar nicht anders kann, als die Geschichte weiter zu verfolgen.

Eine gewisse Raffinesse hingegen zeigt sich am Ende der Geschichten letztlich doch, wenn man erkennt, dass die teils so unspektakulär erzählte Handlung eine wichtige Bedeutung hat. Gemeint ist hier keine philosophische Aussage, sondern eine ebenso bodenständige, wie auch alles Vorangehende bodenständig erzählt ist. Die Geschichten enden nicht unbedingt "rund", nicht unbedingt "gut", denn es sind Geschichten, die das Leben schrieb, die Menschen verändert und beeinflusst haben - wenn auch vielleicht nur einen oder zwei.

Nahezu versteckt hinter alltäglicher Erzählung und ausgesprochenem Pragmatismus, fast frei von blumigen, ausschweifenden Beschreibungen finden sich hier Geschichten, die nichts mit dem häufigen Süßholz des Fiktionalen zu tun haben, aber auch auf den gewollten Schrecken des Authentischen verzichten. Pla brauchte das Reißerische nicht, um sich auszudrücken und Andere mit seinen Texten zu erreichen - und die Geschichten aus "Der Untergang der Cala Galiota" geben das wunderbar wieder.

(Tanja Elskamp; 10/2007)


Josep Pla: "Der Untergang der Cala Galiota. Geschichten vom Meer"
(Originaltitel "Cinc histories del mar")
Übersetzer: Theres Moser, Petra Zickmann, Angelika Maass.
Berenberg, 2007. 152 Seiten.
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Josep Pla wurde 1897 in Palafrugell in Katalonien geboren. Er arbeitete als Journalist in England, Frankreich, Italien, Deutschland und Russland und war ein großer Chronist des politischen und kulturellen Lebens. Seine Kommentare, Chroniken und Reportagen zur Zeitgeschichte gelten als einmaliges historisches Zeugnis des 20. Jahrhunderts. Pla spielte eine herausragende Rolle bei der Erneuerung der katalanischen Sprache und machte die Traditionen des Landes über seine Grenzen hinweg bekannt. Zur Zeit des Franco-Regimes waren Josep Plas Werke verboten. Er starb am 23. April 1981 in Llofriu.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Enge Straßen"

Geschichten aus der katalanischen Provinz.
"Ein Roman ist ein Spiegel, der eine Landstraße entlangspaziert" - diese Stendhalsche Maxime macht sich der Erzähler zu eigen. Plas Spiegel spaziert die Enge Straße von Torrelles entlang, einem friedlichen kleinen Dorf in Katalonien, wo sich der neue Tierarzt niedergelassen hat. Mit jeder Haustür, die sich öffnet, dürfen er und der Leser für einen Augenblick ins Innere eines anderen Lebens schauen, und aus diesen Blicken, so flüchtig sie auch sein mögen, werden unvergessliche Eindrücke vom Alltag der Menschen in diesem Ort. Durch seine geschwätzige Köchin Francisqueta erfährt der Tierarzt von der wunderbaren Monteserrata und ihren drei Liebhabern, was dem Barbier, der eine ganze Enzyklopädie im Kopf hat, passierte, von Senyora Maristanys Matratze, die hitzige Debatten im Dorf hervorrief, oder die Geschichte des Hundes Murillo und seines tragikomischen Besitzers ...
Josep Plas unermüdliche erzählerische Kraft, seine feine Ironie und sein Spiel mit subtilen Urteilen machen aus diesem Roman eine außerordentlich originelle Darstellung einer Realität, die wunderbar und unerschöpflich, vulgär und zauberhaft zugleich ist. (Ammann)
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"Dalí"
Salvador Dalí - Genie oder Scharlatan? Revolutionär oder Reaktionär? Bis heute ist er umstritten wie wenige moderne Künstler. Mit diesem Essay liefert Josep Pla, in Spanien berühmt, hier noch zu entdecken, ein Glanzstück literarischer Porträtkunst: Pla hat Dalí in den zwanziger Jahren in Paris im Kreise der Surrealisten und anderer Künstler erlebt und beobachtet. Und er kennt als Katalane die Wurzeln, aus denen die Bilderwelt dieses berühmten Malers entstanden ist, die Landschaft und das Licht an der Costa Brava, das Mittelmeer. Für Pla ist Dalí kein Revolutionär, sondern ein Künstler, der seiner provinziell bürgerlichen Herkunft zeitlebens unfreiwillig verbunden blieb, der es aber verstand, seine virtuose Technik in unvergleichlicher Perfektion für seine Kunst nutzbar zu machen. (Berenberg)
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Als jugendlicher Atheist beschimpfte er die Kirchgänger vor den Gotteshäusern. Später wurde er der Baumeister des seltsamsten Kathedralenbaus aller Zeiten - der Sagrada Familia von Barcelona. Er baute weiche Fassaden, schiefe Dächer, fantastisch bunte Parkanlagen und sogar die Bänke auf den Boulevards und die Straßenlaternen. Kaum ein Architekt hat eine Metropole so geprägt wie der Katalane Antoni Gaudí seine Heimatstadt. Seine Kathedrale ist immer noch nicht vollendet, aber längst zum Wahrzeichen geworden. In diesem mit leichter Hand geschriebenen Porträt erscheint der große Architekt wie eine literarische Figur. Josep Pla ist durch die Kaffeehäuser gewandert, hat mit Zeitgenossen gesprochen und sich die Geschichten um jene bizarren Bauwerke erzählen lassen, die jeder sieht, der nach Barcelona reist. (Berenberg)
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"Das graue Heft"
Dass er Schriftsteller werden will, weiß dieser junge Mann sehr früh - schon mit zwanzig schreibt er für mehrere Zeitungen. Vor allem aber schreibt er für sich: Tagebuch. Kein strindbergsches Ringen mit sich selbst, kein Hadern mit Gott und der Welt - er blickt um sich, schaut zu und beschreibt. Er will "versuchen, das intellektuell Schwierigste auf dieser Welt zu bewerkstelligen: die Wirklichkeit am Schopfe packen und möglichst lebendig erfassen". Er schreibt ohne jede Rhetorik, spürbar geprägt von der Lektüre Montaignes und Stendhals, ein früher Leser aber auch von Proust. "Das graue Heft", in den Jahren 1918/19 niedergeschrieben, kompositorisch überarbeitet und fast fünfzig Jahre später veröffentlicht, zeigt einen Schriftsteller im Werden: spitze Beobachtungen, Reflexionen, kurze Erzählungen und Porträts. Es ist genau diese lebendige Art Prosa, die Josep Pla (1897-1981) neben Mercè Rodoreda zu dem bedeutendsten katalanischen Schriftsteller im 20. Jahrhundert machen wird. Er hat ein riesiges, vielfältiges Werk hinterlassen. Nur das Schreiben dicker Romane war seine Sache nicht; das kommt seinem Tagebuch sichtlich zugute. (Suhrkamp)
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