Vogel Phönix
Aus einem alten Buche ohne Titel.
Phönix, der edle Vogel werth,
Hat seines Gleichen
nicht auf Erd,
Um seinen
Hals ist's goldgelb klar,
Sein Leib und Flügel Purpur gar;
Hat
auf dem Haupte eine Kron,
Der höchste Baum sein hoher Thron.
Er wohnt und lebet lang allein,
Dann stellen sich viel Vögel ein.
Die
Vögel sammeln für ihn frey
Den Weihrauch und die Specerey,
Von
edlem Holz wohlriechend Aest,
Sie machen aus dem alln ein Nest.
Dann
schwingt er drüber sein Gefieder
Am Sonnenglanze auf und nieder.
Wenn
er das Rauchwerk so gezündt,
Die
Flamme sich zur Höhe windt.
Dann
läßt er sich herab zur Gluth,
Verbrennt sich willig wohlgemuth.
Alsdann in seiner Asche wird
Ein leuchtend Würmlein erst formirt,
Darnach
ein Vogel rein und pur,
Dem vor'gen gleich in der Natur.
Christus,
des Himmels Phönix rein,
Hat so gewohnt auf Erd' allein,
Ein Adler stark, der überwand
Höll, Teufel, Sünd und Todesband.
Sein
Gottheit ist die güldne Farb,
Und sein Verdienst uns Heil erwarb.
Das
Purpur-Kleid er hat auch an,
Auf seinem Haupt die Dornenkron.
Aus rechter Lieb inbrünstiglich
Er opfert darauf willig sich.
Und
man begrub ihn ehrlich frey,
Mit köstlich edler Specerey.
Also des Himmels Phönix lag,
Im Grab, bis an den dritten Tag,
Alsdann
er wieder lebend wurd'
Durch seine ew'ge Geistsgeburt.
(aus des Knaben Wunderhorn)