Birnbaum

Birnen gehören der botanischen Familie der Rosengewächse an. Im Gegensatz zu Apfelbäumen haben sie sowohl tief als auch flach verlaufende Wurzeln. Daher ist es wichtig, Birnbäume in tiefgründigen, warmen, leichten Böden, in geschützter, sonniger Lage zu kultivieren. An ungünstigen Standorten entwickeln sich Früchte mit fadem Aroma. Um die Pflanzen standortkompatibel zu machen, werden sie oftmals auf anspruchslose Quittenunterlagen veredelt. Birnen brauchen Fremdpollen zur Bestäubung und sollten daher - im Interesse des wirtschaftenden Obstgenießers - nicht ohne Artgenossen bleiben.

Bekannte Sorten sind:
Die von Mitte August bis Mitte September geerntete, bis Ende Oktober haltbare, süß-aromatisch schmeckende Williams Christ.
Die süß-saftige Gute Luise, die im September gepflückt wird.


Der Birnbaum / die Birne in literarischen Texten ...

 

In dem kleinen Hofe hinter dem Hause an der Twiete stand außer dem Kirschbaum, für den die Kinder einst die Netze flickten, an der Längsseite eines schmalen Bleichplätzchens ein mächtiger Birnbaum, der die Freude der Nachbarkinder und zugleich eine Art Familienheiligtum war, denn der Großvater des jetzigen Besitzers hatte ihn gepflanzt, der Vater selbst in seiner Lehrzeit ihn aus den in der Stadt beliebtesten Sorten mit drei verschiedenen Reisern gepfropft, die jetzt, zu vielverzweigten Ästen aufgewachsen, je nach der ihnen eignen Zeit, eine Fülle saftiger Früchte reiften. Was davon mit der Brunnenstange zu erreichen war, das pflegte freilich nicht ins Haus zu kommen; sonst hätten die Kinder bei Jungfer Anna nicht so freien Anlauf haben müssen. So aber, wenn von den nach Westen anliegenden Höfen aus die Nachbarn ein herzliches Mädchenlachen hörten, wußten sie auch schon, daß Anna auf dem Baum zu Gange war und daß die junge Brut sich auf dem Rasen um die herabgeschlagenen Früchte balgte.

Auch jetzt, als sie vom Rathaus kommend ins Haus treten wollte, hatte Anna ein solches Nachbarspummelchen sich aufgesackt. Im Pesel, einem kühlen, mit Fliesen ausgelegten Raume hinter dem Hausflur, legte sie Hut und Tuch ab und trat dann, das Kind rittlings vor sich auf den Arm haltend, durch die von hier nach dem Hofe führende Tür in den Schatten des mächtigen Baumes.

"Siehst du, Levke", sagte sie, "da oben liegt die Katz; die möchte auch die schöne gelbe Birne haben! Aber wart nur, ich will die Stange holen."

Als sie sich aber hierauf dem hinter der Hoftür des Hauses befindlichen Brunnen zuwandte, stieß sie einen Schrei aus und ließ das Kind fast hart zu Boden fallen. Auf der vermorschten Holzeinfassung, deren Erneuerung nur durch einen Zufall verzögert war, saß ihr Jugendgenosse, ihr Kindsgespiel, die Füße über der Tiefe hängend, den Kopf wie schon zum Sturze vorgebeugt.

Im selben Augenblick aber war sie auch schon dort, hatte von hinten mit beiden Armen ihn umschlungen und zog ihn rückwärts, daß die morschen Bretter krachend unter ihm zusammenbrachen. Sie war in die Knie gesunken, während der blasse, fast weiblich hübsche Kopf des jungen Menschen noch an ihrer Brust ruhte.

(aus "Carsten Curator" von Theodor Storm)

 

XIII

 

VOLLER Apfel, Birne und Banane,
Stachelbeere ... Alles dieses spricht
Tod und Leben in den Mund ... Ich ahne ...
Lest es einem Kind vom Angesicht,

wenn es sie erschmeckt. Dies kommt von weit.
Wird euch langsam namenlos im Munde ?
Wo sonst Worte waren fließen Funde,
aus dem Fruchtfleisch überrascht befreit.

Wagt zu sagen, was ihr Apfel nennt.
Diese Süße, die sich erst verdichtet,
um, im Schmecken leise aufgerichtet,

klar zu werden, wach und transparent,
doppeldeutig, sonnig, erdig, hiesig - :
O Erfahrung, Fühlung, Freude - riesig !

(aus "DIE SONETTE AN ORPHEUS; ERSTER TEIL" von Rainer Maria Rilke)